iPS-Zellen aus Nabelschnurblut - Option für die Zukunft?

Nabelschnurblut rettet täglich Leben, iPS-Zellen in Zukunft vielleicht auch. Experten hoffen, bald die Vorzüge beider Zellarten zu vereinen.

1988 hat erstmals ein Mensch Stammzellen aus der Nabelschnur erhalten: Ein fünfjähriger Junge wurde von einer schweren erblichen Blutarmut geheilt. 26 Jahre später kamen iPS-Zellen zu ihrem ersten Einsatz: Sie wurden in das Auge einer etwa 70-jährigen Japanerin transplantiert, die an Altersblindheit litt. Ein todkrankes Kind und eine blinde alte Frau - unterschiedlicher könnten die ersten Patienten kaum sein. Doch iPS- und Nabelschnurzellen haben Vorzüge, die sich gewinnbringend kombinieren lassen.

iPS-Zellen aus Nabelschnurblut

Stammzellen aus dem Nabelschnurblut lassen sich in iPS-Zellen umprogrammieren

Verwendung in der Medizin

Auf Nabelschnurblut können Ärzte kaum noch verzichten: Blutkrebs und manche Erbkrankheiten werden damit erfolgreich behandelt. Weltweit erhielten bislang über 30 000 Patienten eine Transplantation von Nabelschnurblut - und vielen davon rettete dies das Leben.

iPS-Zellen können da nicht mithalten: Bislang wurden erst wenige Patienten behandelt. Und bei der ersten Patientin besteht auch wenig Hoffnung auf Besserung, dafür ist ihre Altersblindheit schon zu weit fortgeschritten. Die Behandlung ist ein medizinisches Experiment, das vor allem die Ungefährlichkeit der iPS-Zellen beweisen soll. Ein großer Erfolg ist es dennoch. iPS-Zellen kennt man erst seit wenigen Jahren, und niemand hätte gedacht, dass sie so schnell den Weg in die Klinik finden.

Begonnen hatte es 2006 mit einem bahnbrechenden Experiment. Der spätere Nobelpreisträger Shinya Yamanaka verwandelte normale Hautzellen in entwicklungsfähige Stammzellen - mit einer vergleichsweise einfachen genetischen Manipulation. Seinen iPS-Zellen haben die gleichen Möglichkeiten wie embryonale Stammzellen, sind jedoch wesentlich einfacher zu erzeugen und frei von ethischen Bedenken.

Öffentliche Banken mit iPS-Zellen aus Nabelschnurblut

Drei Jahre später gelang es erstmals, iPS-Zellen aus Nabelschnurblut zu erzeugen. Die Zellen aus der Nabelschnur gelten bei Experten als besonders gut geeignet, da ihre Vorteile dabei voll zum Tragen kommen: Sie sind noch sehr jung und weisen kaum Schäden im Erbgut auf. Zudem lassen sie sich ohne Risiko für den Spender gewinnen, und große Banken haben weltweit schon Millionen von Proben eingelagert.

Das eingelagerte Nabelschnurblut bildet ein wertvolles Reservoir, das Ärzte gewinnbringend einsetzen wollen. In Japan erhielt Shinya Yamanaka bereits 2012 die Erlaubnis, tausende von Spenden für die Erzeugung von iPS-Zellen zu nutzen. Er sucht nach Zellen mit besonderen Eigenschaften - diese erlauben die Behandlung von vielen Menschen, ohne dass sie vom Körper abgestoßen werden. Im Laufe von 10 Jahren sollen so 75 iPS-Linien entstehen, die 80 % der japanischen Bevölkerung mit transplantierbaren Zellen versorgt.

Einsatz für eine personalisierte Therapie?

iPS-Zellen eignen sich auch für eine personalisierte Therapie. Schon die erste japanische Patientin erhielt Zellen, die von ihrem eigenen Körper stammen. In ihrem Fall waren die Zellen so alt wie sie selber - junge und ungeschädigte Zellen wären deutlich besser geeignet gewesen. Eingelagertes Nabelschnurblut könnte hier in Zukunft einspringen: Im Bedarfsfall stünde dann sofort ein optimales Ausgangsmaterial bereit.

Eine personalisierte Therapie mit iPS-Zellen aus Nabelschnurblut hätte allerdings mit zwei großen Problemen zu kämpfen. Das erste ist der Zeitfaktor: Die Herstellung der iPS-Zellen dauert Wochen, und bis aus ihnen medizinisch nutzbare Gewebezellen entstehen, können weitere Wochen vergehen. Die Behandlung von Erkrankungen, die ein schnelles Eingreifen erfordern, wäre somit fast unmöglich.

Hohe Kosten

Das zweite Problem ist der Kostenfaktor. Die Herstellung von iPS-Zellen ist zeit- und arbeitsintensiv, und die entstehenden Kosten wird ein öffentliches Gesundheitssystem wohl nur schwer abfangen können. Es besteht also die Gefahr, dass eine Therapie mit iPS-Zellen und Nabelschnurblut nur wohlhabenden Menschen weiterhelfen wird.

Die Idee, iPS-Zellen und Nabelschnurblut für eine personalisierte Medizin zu nutzen, bleibt also aus mehreren Gründen noch hochspekulativ. Und ob sich allgemein verfügbare Banken mit diesen Zellen jemals durchsetzen können, ist heute ebenfalls noch unklar. Aber die regenerative Medizin entwickelt sich mit hohem Tempo: Selbst wenn sich nur einen Teil ihrer Ideen verwirklichen lässt, werden sich in Zukunft faszinierende Möglichkeiten bieten.

1 Center of iPS cell Research and Application (CiRA), Stock of iPS Cells for Regenerative Medicine, Kyoto University (link)

iPS-Zellen aus Nabelschnurblut

Stammzellen aus dem Nabelschnurblut lassen sich in iPS-Zellen umprogrammieren
Stammzellen aus der Nabelschnur eignen sich gut für die Erzeugung von iPS-Zellen. Diese erzeugen Zellarten, die bereits für die Stammzelltherapie getestet werden.

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Kurz und knapp

  • Nabelschnurblut eignet sich gut für die Erzeugung von iPS-Zellen
  • die so erzeugten iPS-Zellen hätten nur minimale Schäden am Erbgut
  • japanische Forscher wollen aus Nabelschnurblut 75 Linien von iPS-Zellen erzeugen, mit denen 80 % aller Japaner behandelt werden können
  • die Kombination von iPS-Zellen und Nabelschnurblut könnte in Zukunft personalisierte Therapien ermöglichen
  • Hürden für eine personalisierte Anwendung sind der Zeitaufwand und die hohen Kosten
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