Juni 2017
Dieser Newsletter von wissensschau.de informiert im Abstand von zwei Monaten über jüngste Entwicklungen bei der Gentherapie und den CAR-T-Zellen.

 

Klinische Studien

CAR-T-Zellen: Auch Kite Pharma beklagt Toten nach Hirnödem

BioPharmaDive

CAR-T-Zellen können dramatische Nebenwirkungen haben, doch Hirnödeme zählten bislang eher nicht dazu. Als im letzten Jahr die US-Firma Juno Therapeutics gleich fünf Todesfälle meldete, galt dies noch als isoliertes Problem einer einzelnen Studie. Doch nun traf es auch den Konkurrenten Kite Pharma.

Dabei hatte Kite erst wenige Wochen zuvor einen Antrag auf Zulassung bei der US-Gesundheitsbehörde FDA eingereicht. Unter dem Marktnamen axi-cel sollen die CAR-T-Zellen bei Non-Hodgkin-Lymphomen eingesetzt werden. Doch während der Konkurrent Juno seine Studie nach den Todesfällen vorzeitig beenden musste, blieb die FDA diesmal gelassen: Angesichts der insgesamt 300 behandelten Patienten erschien das Risiko wohl als vertretbar.

(Halbwegs) Erfolgreicher Test bei Altersblindheit

BioNews

Auch die beste Therapie hilft wenig, wenn sie zu selten angewendet wird. Ein Beispiel ist die feuchte Form der altersbedingten Makuladegeneration: Medikamente können die Sehfähigkeit bewahren, doch dabei wird eine Kanüle direkt in das Auge eingeführt. Eine schwere Stress-Situation, die zudem alle acht Wochen wiederholt werden muss - nicht jeder Patient findet die Kraft dazu.

Als Alternative entwickelten US-Forscher eine Gentherapie mit einem adenoassoziierten Virus (AAV). Der erwies sich in einer kleinen Studie als sicher - aber leider nur als bedingt erfolgreich. Eine Immunreaktion neutralisierte den AAV-Vektor in der Mehrheiten der Teilnehmer. Doch bei vier Patienten zeigten sich dramatische Verbesserungen, die mindestens ein Jahr lang anhielten - diese langfristig konstante Wirkung könnte letztlich auch den Behandlungserfolg erhöhen.

Hämophilie B: Immunreaktion in den Griff bekommen

FierceBiotech

Auch bei der Therapie von Hämophilie B wird das eigene Immunsystem zum Problem: Zwei Patienten einer Studie der US-Firma Spark Therapeutics entwickelten Antikörper gegen den AAV-Vektor, der als Transportvehikel für den fehlenden Gerinnungsfaktor IX diente. In der Folge sank die Aktivität des Faktors IX im Blut - bei einem der Patienten von 32 auf 12 %.

Ein einfacher Eingriff erwies sich als erfolgreich: Mit Hilfe von Steroiden stabilisierten Ärzte die Aktivität bei etwa 15 %. Beim zweiten Patienten kamen die Steroide früher zum Einsatz, mit deutlich besserem Erfolg - die Aktivität des Gerinnungsfaktors fiel höchstens um 3 % und pendelte sich schließlich bei über 70 % ein.

Forschung

CRISPR: Mit kleinen Schritten voran

FierceBiotech

Neue Wirkstoffe müssen langwierige Tests durchlaufen, bevor sie erstmals am Menschen erprobt werden. Das gilt auch für die Genschere CRISPR-Cas9. Eine US-Firma ist auf diesem Weg nun kleine, aber wichtige Schritte voran gekommen.

Intellia Therapeutics konnten zeigen, dass CRISPR-Cas9 auch in lebenden Tieren wirksam arbeitet. In Mäusen konnte die Aktivität des Modellproteins Transthyretin um 97 % reduziert werden, und der Effekt hielt über sechs Monate an. Auch in Ratten gelang ein ähnlicher Erfolg. Intellia hält damit die Zeit für reif, deutlich aufwändigere Versuche in Affen zu starten. Diese sind eine wesentliche Vorbedingung für Studien mit Menschen, die im besten Fall bereits 2018 starten könnten.

Industrie

Glybera wird vom Markt genommen

uniQure

Glybera ist die erste Gentherapie der westlichen Welt - und auch die erste, die wieder vom Markt verschwindet. Nur eine einzige zahlende Patientin steht auf der Habenseite: Hohe Kosten, mangelnde Effizienz und die extreme Seltenheit der Stoffwechselstörung Lipoprotein-Lipase-Defizienz erwiesen sich als zu große Hürden. Der niederländische Hersteller uniQure zieht nun die Reißleine und lässt die Marktzulassung Ende des Jahres auslaufen, um wenigsten die laufenden Kosten von jährlich etwa zwei Millionen Euro einzusparen.

Erster zahlender Patient für Strimvelis

MIT Technology Review

Fast zeitgleich mit Ende mit dem Ende von Glybera wurde bekannt, dass Strimvelis - die zweite Gentherapie auf dem europäischen Markt - ihren ersten Patienten gefunden hat. Weitere Informationen sind allerdings rar: Der Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) lässt nur verlauten, dass es sich um ein Kind mit der schweren erblichen Immunschwäche ADA-SCID handelt.

Bürokratische Hürden haben die erste Anwendung von Strimvelis um fast ein Jahr verzögert. Die Behandlung wird nur in Mailand angeboten, die Kosten von 594 000 Euro müssen aber von dem Heimatland des Patienten übernommen werden. GSK rechnet dennoch damit, dass in diesem Jahr noch einige weitere Patienten behandelt werden.

Methoden

Ultraschall ermöglicht Gentherapie

StemCellar

Es erfordert einigen Aufwand, Gene in menschliche Zellen zu transportieren, und meist erleichtern veränderte Viren diese Aufgabe. Doch wenn die Wirkung nur kurz anhalten muss, kann auch die Kombination von Ultraschall und "nackter" DNA weiterhelfen. Interessant ist diese Option bei schweren Knochenbrüchen, die schlecht heilende Lücken im Gewebe hinterlassen.

Forscher aus Israel entwickelten dazu eine mehrstufige Therapie. Im ersten Schritt wird die Knochenlücke mit einer Matrix aufgefüllt, die körpereigene Stammzellen anzieht. Einige Tage später injizieren die Forscher eine Kombination aus Mikrobläschen und dem Gen für einen Wachstumsfaktor. Letztlich regt Ultraschall die Stammzellen dazu an, den Wachstumsfaktor aufzunehmen und für wenige Tage freizusetzen. Getestet wurde dieser Ansatz mit Minischweinen, bei denen die Wunden fast vollständig ausheilten.

Medienspiegel

Die Kehrseite der Hoffnung

BioBasedPress

Erst ist die Begeisterung groß, dann tauchen Fragen auf: Wissenschaftlicher Fortschritt hat immer auch eine Kehrseite. Sogar dann, wenn es um die Therapie der tödlich verlaufenden Muskeldystrophie des Typs Duchenne geht.

Die Genschere CRISPR-Cas9 hat die Hoffnung auf Heilung geweckt, doch viele Betroffene werden außen vor bleiben. Es gibt so viele ursächliche Mutationen, dass eine maßgeschneiderte Therapie nur für einen Teil der Betroffenen realistisch erscheint. Wer also zieht das große Los? Vor allem die Reichen? Oder die mit den guten Beziehungen?

 
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