Juni 2022
Dieser Newsletter von wissensschau.de informiert im Abstand von zwei Monaten über jüngste Entwicklungen bei der Gentherapie und den CAR-T-Zellen.

 

Klinische Studien

Chance auf Heilung: Kymriah mit überzeugenden Langzeitdaten

FiercePharma

Die CAR-T-Zelltherapie Kymriah kann hartnäckige Leukämien dauerhaft zurückdrängen: Nach fünf Jahren ist die Hälfte der Behandelten noch am Leben – ohne CAR-T-Zellen HAT nur 1 von 10 die Aussicht auf ein langfristiges Überleben. Wenn Kymriah bereits zu Anfang alle Krankheitssymptome beseitigt, bleiben zudem 44 % der Behandelten von einem Rückfall verschont. Da nach fünf Jahren eine Rückkehr der Leukämie sehr selten ist, besteht für viele Behandelte eine reelle Aussicht auf Heilung. Der Hersteller Novartis stellte diese Daten im Juni auf einer Fachtagung vor.

Die Langzeitstudie umfasste 79 Kinder oder junge Erwachsene, die an einer schwer behandelbaren Form der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) litten. In späteren Phasen der Behandlung traten keine neuen oder unerwarteten Nebenwirkungen auf. Kymriah wurde 2018 als erste CAR-T-Zelltherapie in der EU zugelassen, anfangs für ALL und eine Form von Non-Hodgkin-Lymphomen. Seit Mai dieses Jahres darf sie auch für follikuläre Lymphome eingesetzt werden.

Genschere lindert Blutkrankheiten

BioPharmaDive

75 Patienten mit ß-Thalassämie oder Sichelzellanämie sind weitgehend frei von Symptomen, nachdem die Genschere CRISPR/Cas9 ihre Blutstammzellen verändert hatte. Transfusionen gegen die Blutarmut waren kaum noch erforderlich, gefährlichen Sichelzellkrisen blieben vollständig aus. Die Behandlungsdauer beträgt erst 1 bis 37 Monate, für eine endgültige Bewertung der Wirksamkeit ist es daher zu früh. Die US-Firmen Vertex und CRISPR Therapeutics haben diese vorläufigen Daten im Juni auf einem Fachkongress präsentiert.

Für die Therapie werden Blutstammzellen im Labor verändert, um die Produktion von fetalem Hämoglobin anzuregen. Die Transplantation dieser Stammzellen gleicht einen erblich bedingten Mangel aus, erfordert jedoch eine stark belastende Chemotherapie. Bei zwei Patienten traten weitere Nebenwirkungen auf, die vermutlich auf die Manipulation mit der Genschere zurückgehen. Alle Nebenwirkungen haben sich ohne langfristige Folgen gelegt. Die Hersteller planen, Ende dieses Jahres die Zulassung in der EU und den USA zu beantragen.

CRISPR-modifizierte CAR-T-Zellen nur anfangs erfolgreich

FierceBiotech

Genetisch veränderte CAR-T-Zellen von fremden Spendern erwiesen sich als nur eingeschränkt wirksam: Sechs Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen reagierten anfangs sehr gut auf die Behandlung, nach sechs Monaten kam es jedoch bei drei Behandelten zu Rückfällen. Bislang kam allerdings nur eine niedrige Dosis zum Einsatz. Die US-Firma Caribou Biosciences, zu deren Mitgründerinnen die Nobelpreisträgerin Jennifer Doudna zählt, stellte die vorläufigen Ergebnisse auf einer Fachtagung im Juni vor.

Caribou nutzt die Genschere CRISPR/Cas9, um das hemmende Immunmolekül PD-1 in den CAR-T-Zellen zu deaktivieren. Der Eingriff soll die Wirksamkeit von körperfremden CAR-T-Zellen steigern, erwies bislang jedoch nur zu Therapiebeginn als erfolgreich. Die Nebenwirkungen der genetisch modifizierten CAR-T-Zellen blieben allerdings relativ gering. Falls keine weiteren Probleme auftreten, soll Patienten noch in diesem Jahr höhere Dosen erhalten.

Forschung

Verringerter Zellkontakt schützt Tumore vor CAR-T-Zellen

Nature

Zellen eines Hirntumors überstehen den Angriff von CAR-T-Zellen besser, wenn sie einen Signalweg über den IFN-γ-Rezeptor abschalten: CAR-T-Zellen können dann schlechter an den Tumor andocken. Ein ähnlichen Effekt zeigte sich auch bei Krebszellen aus anderen soliden Tumoren, jedoch nicht bei Leukämie- und Lymphomzellen. Diese Erkenntnis veröffentlichten US-Forscher aus Boston und Cambridge im April in der Fachzeitschrift Nature.

Die Forscher schlagen vor, mit gezielten Maßnahmen den Kontakt zwischen Krebs- und CAR-T-Zellen zu erhöhen. Dazu zählen Eingriffe in das Erbgut der CAR-T-Zellen oder die Kombination mit geeigneten Wirkstoffen. Die Labor- und Tierversuche deuten an, dass Therapien gegen feste Tumore damit deutlich an Wirksamkeit gewinnen könnten.

Wirtschaft

Zwei Gentherapien in der USA vor der Zulassung

Endpoints

Ein Beratergremium der US-Arzneimittelbehörde hat vorgeschlagen, zwei Gentherapien der US-Firma Bluebird Bio die Zulassung zu erteilen: Zynteglo gegen ß-Thalassämie und Skysona gegen Adrenoleukodystrophie. Beide Therapien sind bereits seit 2019 bzw. 2021 in der Europäischen Union zugelassen, der Hersteller nahm sie jedoch wieder vom Markt – die Krankenkassen hatten den geforderten Preis nicht akzeptiert. Wie kostspielig die Therapien in den USA werden, ist noch nicht bekannt.

Gentherapie Upstaza in Europa vor der Zulassung

Europäische Arzneimittelagentur

Die Europäische Arzneimittelagentur empfiehlt die Zulassung der Gentherapie Upstaza, die sich gegen den erblichen AADC-Mangel richtet. In der EU leiden etwa 4000 Menschen unter der neurologischen Erkrankung, die Entwicklungsverzögerung, Muskelschwäche und multiples Organversagen auslösen kann. Hersteller von Upstaza ist die US-Firma PTC Therapeutics. Die endgültige Entscheidung über eine Zulassung liegt bei der Europäischen Kommission, die aber in der Regel der Empfehlung ihrer Behörde folgt.

Methoden

mRNA-Impfstoff soll CAR-T-Zellen unterstützen

STAT News

Die deutsche Firma BioNTech hat einen Krebs-Impfstoff entwickelt: Die Aktivierung des Immunsystems soll es CAR-T-Zellen ermöglichen, gegen solide Tumore vorzugehen. In einem Test erhielten 16 Patienten körpereigene CAR-T-Zellen, die das Krebsantigen Claudin 6 erkennen. Ein Teil der Behandelten erhielt wenige Tage später ein mRNA-Vakzin, das eine natürliche Immunreaktion gegen Claudin 6 hervorruft. Erste Zwischenergebnisse wurden im April auf einem Fachkongress vorgestellt: Sie sind teilweise ermutigend, lassen aber viele Fragen offen.

Die Studienteilnehmer litten unter Tumoren in Hoden, Eileiter, Gebärmutter und Magen. Die Therapie löste häufig starke Nebenwirkungen aus, die aber keine bleibenden Folgen hatten. Die CAR-T-Zellen vermehrten sich stark und blieben lange im Körper nachweisbar. Bei sechs Patienten verkleinerte sich der Tumor – für Krebs in festen Körpergeweben ein beachtlicher Erfolg. Allerdings bekamen nur zwei dieser Patienten den Impfstoff, die anderen vier erhielten die CAR-T-Zellen als Monotherapie. Insgesamt ist die Studie noch zu klein, um die Wirksamkeit der Therapie endgültig zu beurteilen.

 
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