Biokraftstoffe aus Algen: Was kann die synthetische Biologie?

Umweltschonende Kraftstoffe aus Sonnenlicht - diesen Traum will die synthetischen Biologie verwirklichen. Der Stoffwechsel von Algen muss dazu kräftig umgebaut werden.

Grüne Alternativen zu fossilen Brennstoffen gibt es genug: Ethanol und Biogas aus Pflanzen-Abfällen, mit Sonnenkraft erzeugter Wasserstoff, oder die Umstellung auf Elektro­motoren in Kombination mit umweltfreundliche Energiequellen. Doch bislang haben alle mit den gleichen Problemen zu kämpfen - sie sind zu teuer und erfordern hohe Investitionen. Winzige, einzellige Mikroalgen könnten hier eine Lösung bieten.

Zukunft der Biokraftstoffe? Cyanobakterien in einer Kulturflasche. (Bild: joydeep)

Unzählige Arten von Mikro­organismen können Sonnenlicht in energiereiche Substanzen umwandeln - wie zum Beispiel Biodiesel. Das ist ein Gemisch aus organischen Substanzen, das ähnliche Eigenschaften wie Diesel aus fossilen Quellen aufweist. Damit hat Biodiesel einen großen Vorteil: Die bestehende Infrastruktur für Vertrieb und Transport könnte unverändert übernommen werden - notwendige Anschub-Investitionen wären auf ein Minimum reduziert.

Vom metabolic engineering zur synthetischen Biologie

Doch kein Mikroorganismus produziert freiwillig Biokraftstoffe - grundlegende Änderungen in seinem Stoffwechsel müssen ihm auf die Sprünge helfen. An dieser Stelle sind synthetische Biologen gefragt: Ihr Ziel ist es, neue biologische Systeme zu erzeugen, die in der Natur nicht existieren. Der Umbau des Erbguts und eine ungewöhnliche Kombination von Enzymen soll aus den Mikroorganismen kleine Fabriken machen, die Substanzen nach Bedarf erzeugen.

Schon in den 1970er Jahren gab es erste Bestrebungen, Kraftstoffe aus Algen zu erzeugen. Das waren auch die Jahre, in denen die Gentechnik ihre ersten - noch sehr beschränkten - Werkzeuge entwickelte. Die Arbeit war mühsam: Gene konnten nur einzeln und schrittweise verändert werden. Die Projekte, damals noch metabolic engineering genannt, verliefen bald im Sande.

Doch seitdem hat die Gentechnik gewaltige Fortschritte gemacht: Dutzende Gene können gleichzeitig verändert oder künstlich erzeugt werden, automatisierte Systeme verarbeiten tausende Mutanten in einem Durchgang. Dies eröffnete die Möglichkeit, Stoffwechsel-Prozesse beliebig zu kombinieren oder komplett umzubauen. Aus dem metabolic engineering (der Optimierung bestehender Prozesse) wurde die synthetische Biologie - die Erschaffung neuer Systeme.

Biodiesel aus Cyanobakterien

Eine wichtige Rolle spielen dabei Cyanobakterien (auch Mikroalgen oder veraltet Blaualgen genannt): Einfache Organismen, die schnell wachsen und leicht zu manipulieren sind. Synthetische Biologen haben ihnen bereits beigebracht, Biodiesel zu erzeugen. Der kann mit wenig Aufwand gewonnen und in einen Kraftstoff von hoher Energiedichte umgewandelt werden. Noch ist Biodiesel teurer als fossile Brennstoffe, aber Forscher wähnen sich auch hier auf einem guten Weg.

Eine effizientere Photosynthese, verbesserte Aufnahme von Kohlendioxid, erhöhte Ausbeute von Biodiesel - das sind die wichtigsten Ansatzpunkte für synthetische Biologen. Doch manche holen weiter aus und ersinnen neue Stoffwechselwege: Die nicht-oxidative Glykolyse etwa soll den Verlust von Kohlenstoff-Bausteinen verringern und so die Erzeugung von Biodiesel effizienter gestalten1. Die Möglichkeiten zur Verbesserung sind vielfältig, und die Kombination vieler kleiner Schritte könnte am Ende den Durchbruch bringen.

Viel Geld, aber auch große Probleme

Diese Meinung wird anscheinend auch von Investoren geteilt. Seit dem Jahr 2000 wurden allein in den USA mehr als zwei Milliarden US-Dollar in die Entwicklung von Biokraftstoffen investiert. Der Ölkonzern ExxonMobil hat 600 Millionen US-Dollar in eine Firma des Genomforschers J. Craig Venter gesteckt, und andere Firmen sind diesem Beispiel gefolgt. Doch der Weg bleibt steinig: Die Firma LS9 etwa musste mit großem Verlust verkauft werden, weil sie ihre optimistischen Ziele nicht einhalten konnte2.

Viel wird davon abhängen, wie sich der Ölpreis entwickelt. Im Moment ist der Markt schwierig für Biokraftstoffe, aber bei der nächsten Ölkrise könnten die Karten neu gemischt werden. Synthetische Biologen arbeiten jedenfalls mit Hochdruck daran, dass fossile Brennstoffe endgültig der Vergangenheit angehören.

1 Bogorad et al., Synthetic non-oxidative glycolysis enables complete carbon conservation, Journal 2013, vol. 502, pp. 693-7 (link)
2 M. LaMonica, Der geplatzte Traum vom Mikrobensprit, Technology Review 21.02.2014 (link)
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Kurz und knapp

  • Mikroalgen (Cyanobakterien) stellen Biodiesel her, als Energiequelle dient Sonnenlicht
  • synthetische Biologen arbeiten daran, den Stoffwechsel der Mikroalgen umzubauen, um die Effizienz der Biodiesel-Herstellung zu steigern
  • noch kann Biodiesel nicht mit fossilen Brennstoffen konkurrieren
  • weltweit werden aber große Summen in diesen Zweig der synthetischen Biologie investiert
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