CAR-T-Zellen bekämpfen Krebs

CAR-T-Zellen nutzen einen künstlichen Rezeptor, um verborgene Krebszellen aufzuspüren. Sie können Lymphome und Leukämien zurückdrängen, haben aber auch schwere Nebenwirkungen.

CAR-T-Zellen gegen Krebs

CAR-T-Zellen bekämpfenden Krebs im Körper des Patienten

Tumore sind für das Immunsystem häufig unsichtbar. Gut getarnt bieten sie den Immunzellen nur selten einen Angriffspunkt – der Krebs breitet sich unbehelligt im Körper aus. In den 1990er Jahren fanden Forscher einen Weg, wie das Immunsystem die Tarnung durchdringen kann. Sie fügten drei natürliche Proteine zu einem künstlichen Signalmolekül zusammen1: dem chimeric antigen receptor, abgekürzt CAR.

CAR-T-Zellen enttarnen den Krebs

Der CAR ist so konstruiert, dass er auffällige Merkmale von Krebszellen erkennt. Mit seiner Hilfe können Immunzellen die Krebszellen aufspüren und beseitigen. Um wirksam zu sein, muss der CAR an einer passenden Stelle im Immunsystem eingebaut werden. Dabei hilft ein Ansatz aus der Gentherapie: Forscher schleusen das Gen für das CAR-Molekül in die T-Zellen des Immunsystems ein. Die T-Zellen stammen meist aus dem Körper des Erkrankten. Die CAR-T-Zellen werden im Labor hergestellt und dann zurück in den Körper gegeben, um ihn von Krebszellen zu befreien2.

In Europa wurde die erste CAR-T-Zelltherapie im Jahr 2018 zugelassen, weitere folgten kurz darauf. Die Therapien können schwere Formen von Leukämien, Lymphomen und Myelomen behandeln. Derzeit sind in der Europäischen Union sechs Therapien zugelassen (Stand Dezember 2023):

  • Kymriah gegen akute lymphatische Leukämie (ALL), diffuse großzellige B-Zell-Lymphome (DLBCL) und follikuläre Lymphome. Die Zulassung erfolgte 2018, die Kosten betragen etwa 320 000 Euro.
  • Yescarta gegen diffuse großzellige B-Zell-Lymphome (DLBCL), hochmaligne B-Zell-Lymphome (HGBL), primäre mediastinale B-Zell-Lymphome (PMBCL) und follikuläre Lymphome. Die Zulassung erfolgte 2018, die Kosten betragen etwa 327 000 Euro.
  • Tecartus gegen akute lymphatische Leukämie (ALL) und Mantelzell-Lymphome. Die Zulassung erfolgte 2020, die Kosten betragen etwa 360 000 Euro.
  • Abecma gegen das Multiple Myelom. Die Zulassung erfolgte 2021, die Kosten betragen etwa 350 000 Euro.
  • Breyanzi gegen diffuse großzellige B-Zell-Lymphome (DLBCL), primär mediastinale großzellige B-Zell-Lymphome und das follikuläre Lymphom (Grad 3b). Die Zulassung erfolgte 2022, die Kosten betragen 350 000 Euro.
  • Carvykti gegen das Multiple Myelom. Die Zulassung erfolgte 2022, die Kosten betragen 350 000 Euro.

Erfolge bei schweren Erkrankungen

Bisher haben sich CAR-T-Zelltherapien vor allem bei Krebserkrankungen bewährt, die von den B-Lymphozyten des Immunsystems ausgehen. B-Lymphozyten tragen auf ihrer Oberfläche bestimmte Merkmale, die sie eindeutig von anderen Körperzellen unterscheiden – die Rezeptoren CD19 und BCMA. Im Zusammenhang mit Krebs dienen diese Rezeptoren als Tumormarker: CAR-T-Zellen können diese Marker sicher erkennen und die entsprechenden Zellen weitgehend beseitigen.

Lymphome, Leukämien und Myelome sind Krebsarten, die von B-Lymphozyten ausgehen können. CAR-T-Zelltherapien haben sich hier als besonders erfolgreich erwiesen: Bei vielen Behandelten verschwinden die Krebszellen anfangs fast vollständig. Etwa die Hälfte der Betroffenen kann auch darauf hoffen, dass der Krebs langfristig zurückgedrängt wird und sie mehrere Jahre an Lebenszeit gewinnen. Das ist meist deutlich länger als mit den vorherigen Standardtherapien.

Schwere Nebenwirkungen und hohe Kosten

CAR-T-Zelltherapien haben jedoch auch erhebliche Nachteile. Diese sind mit ein Grund dafür, dass die Therapien bislang nur für schwerkranke Menschen infrage kommen. Auch in Zukunft könnten diese Nachteile einem breiteren Einsatz der Therapien im Wege stehen.

Schwere Entzündungen und Schäden im Gehirn

Eine Behandlung mit CAR-T-Zellen hat massive Nebenwirkungen3. Das Immunsystem zeigt oft eine starke Überreaktion, die sich im ganzen Körper ausbreitet – das sogenannte Zytokin-Freisetzungssyndrom. Bei einem Teil der Behandelten kann diese Entzündungsreaktion so schwer ausfallen, dass sie auf der Intensivstation behandelt werden müssen. Das Syndrom wird dann auch als Zytokinsturm bezeichnet. Im schlimmsten Fall kann es zu mehrfachem Organversagen und zum Tod führen.

CAR-T-Zelltherapien können auch das Gehirn schädigen. Diese neurotoxischen Reaktionen äußern sich zunächst in Verwirrtheit, Sprach- und Bewegungsstörungen. In schweren Fällen kann es auch zu Krampfanfällen und Wassereinlagerungen im Gehirn kommen. Die Betroffenen können ins Koma fallen und in seltenen Fällen an den Folgen sterben.

Diese Nebenwirkungen können bei bis zu 1 von 3 Behandelten auftreten. Auch wenn sie in den meisten Fällen folgenlos abklingen, stellen sie ein erhebliches Risiko dar. CAR-T-Zelltherapien bleiben daher in der Regel schweren Fällen vorbehalten: Erkrankte müssen bereits mindestens eine erfolglose Therapie hinter sich haben.

Erhebliche Kosten

Ein zweites großes Problem ist der Preis: CAR-T-Zelltherapien kosten wesentlich mehr als die meisten anderen Krebstherapien – 320 000 € oder mehr. Sollten sich CAR-T-Zellen auf breiter Front durchsetzen, würde dies das Gesundheitssystem finanziell erheblich belasten. Noch ist unklar wie die Kosten neuartiger Therapien – zu denen auch Gen- und Stammzelltherapien gehören – aufgefangen werden können.

Die Kosten lassen sich auch nur schwer senken, da bislang die CAR-T-Zellen für jeden Behandelten einzeln hergestellt werden müssen. Abhilfe könnten Therapien schaffen, die auf Zellen von fremden Spendern basieren: Deren Entwicklung steckt allerdings noch in den Kinderschuhen und die Erfolgsaussichten sind schwer vorhersehbar4.

Eignen sich CAR-T-Zellen auch für andere Krebsarten?

Die häufigsten Krebsarten treten in festen Geweben wie Brust, Prostata oder Darm auf. Grundsätzlich könnten CAR-T-Zellen auch hier nützlich sein, die Hürden sind jedoch wesentlich höher. Denn viele dieser soliden Tumoren besitzen keinen eindeutigen Krebsmarker, der als Ansatzpunkt für das CAR-Molekül dienen könnte. Außerdem sind solide Tumore schwer zugänglich und oft durch Abwehrmechanismen geschützt.

Dennoch gibt es zahlreiche Studien, in denen CAR-T-Zellen gegen solide Tumoren getestet werden. Im Fokus stehen dabei häufig Hirntumoren, da es hier meist an wirksamen Therapien mangelt. Trotz einzelner Lichtblicke waren die Ergebnisse jedoch meist enttäuschend – von einem Durchbruch sind diese Studien noch weit entfernt5.

CAR-T-Zellen haben sich einen festen Platz in der Krebsmedizin erobert. Es ist zu erwarten, dass sie in Zukunft auch bei Leukämien und ähnlichen Krebsarten deutlich häufiger eingesetzt werden. Solange CAR-T-Zelltherapien bei soliden Tumoren jedoch keine Wirkung zeigen, werden sie weiterhin nur ein Nischendasein führen.

1 Abrantes et al., CAR-Ts: new perspectives in cancer therapy, FEBS Letters, Januar 2022 (Link)
2 Kompetenzwerk Maligne Lymphome, CAR-T-Zell-Therapie, Methodenflyer 2020 (Link)
alle Referenzen anzeigen 3 Larson und Maus, Recent advances and discoveries on the mechanisms and functions of CAR T cells, Nature Reviews Cancer, März 2021 (Link)
4 Dimitri et al., Engineering the next-generation of CAR T-cells with CRISPR-Cas9 gene editing, Molecular Cancer, März 2022 (Link)
5 H. Ledford, The race to supercharge cancer-fighting T cells, Nature, Januar 2023 (Link)

CAR-T-Zellen gegen Krebs

CAR-T-Zellen bekämpfenden Krebs im Körper des Patienten
Das künstliche CAR-Molekül hilft Immunzellen, getarnte Krebszellen aufzuspüren und zu beseitigen.

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Kurz und knapp

  • der künstliche chimeric antigen receptor (CAR) erkennt Krebszellen anhand spezieller Marker
  • T-Zellen von Krebs-Patienten werden mit dem CAR-Molekül ausgestattet, ähnlich wie bei einer Gentherapie
  • sechs CAR-T-Zelltherapien sind in Europa zugelassen
  • zu den Nachteilen zählen schwere Nebenwirkungen und hohe Kosten
  • weitere Formen von Krebs sollen mit CAR-T-Zellen behandelt werden
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