Gentests in der Medizin – hilfreich bei Krebs und Erbkrankheiten

Gentests unterstützen die Diagnose und Therapie von Erkrankungen. Ärzte nutzen sie meist in der Krebsmedizin und bei Erbkrankheiten.

Wie funktioniert ein Gentest?

DNA kann in Gentests auf Risikofaktoren untersucht werden

Das Erbgut beeinflusst unsere Gesundheit: Mutationen in einzelnen Genen lösen etwa 6000 Erbkrankheiten aus1, zusätzlich sind mehr als 800 000 kleine genetische Veränderungen an über 2000 weiteren Erkrankungen beteiligt2. Und wenn veränderte Gene Körperzellen zum ungebremsten Wachstum anregen, kann Krebs entstehen.

Die Analyse des Erbguts kann der Medizin daher wichtige Informationen liefern. Gentests können

  • mögliche Angriffspunkte für die Krebstherapie identifizieren
  • die Diagnose seltener Erbkrankheiten sichern
  • ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen vorhersagen
  • auf ein erhöhtes Krankheitsrisiko hinweisen und vorbeugende Maßnahmen ermöglichen

Gentests in der Krebstherapie

Krebs ist eine Krankheit der Gene. Die Analyse von Krebsgenen kann Hinweise geben, wie hoch das Risiko einer Erkrankung oder eines schweren Verlaufs ist. Und sie stellt sicher, dass manche Therapien einen passenden Angriffspunkt finden.

Erbliche Formen von Krebs

Es gibt Genmutationen, die vererbt werden und das Krebsrisiko deutlich erhöhen: In einer Familie erkranken dann ungewöhnlich viele Mitglieder an Krebs. Etwa 5 bis 10 von 100 Krebsfällen hängen mit einer erblichen Veranlagung zusammen. Die krebsfördernden Mutationen kommen in allen Körperzellen vor und können in Blutproben durch Gentests oder Genomanalysen nachgewiesen werden.

Auch die folgenden Krebsarten entwickeln sich in der Regel spontan. Allerdings kann ein geringer Anteil auf erbliche Veranlagungen zurückgehen3:

  • Brust- und Eierstockkrebs
  • Darmkrebs
  • Magenkrebs

Zielgerichtete Therapien

Eine Klasse von Medikamenten – zielgerichtete Therapien genannt – nutzt die Schwachstellen der Krebsgene, um den Tumor zu bekämpfen. Viele, aber bei weitem nicht alle Betroffenen können so ihre Krankheit überwinden.

Gentests sind dabei meist unverzichtbar: Sie stellen sicher, dass der Einsatz zielgerichteter Therapien erfolgreich sein kann. In Deutschland sind etwa 70 Krebsmedikamente zugelassen, deren Einsatz erst nach einem Gentest möglich ist4. Dieser Test soll sicherstellen, dass der Krebs eine Mutation aufweist, die als Angriffspunkt für das Medikament dient.

Risikobestimmung bei Brustkrebs

Bei Brustkrebs kann eine Operation den Tumor oft vollständig entfernen. Dennoch besteht ein gewisses Rückfallrisiko – manchmal kehrt der Krebs nach Jahren wieder zurück. Eine zusätzliche Chemotherapie kann das Rückfallrisiko senken, hat aber häufig schwere Nebenwirkungen.

Für den behandelnden Arzt ist es oft sehr schwierig, den Nutzen und das Risiko einer begleitenden Chemotherapie gegeneinander abzuwägen. Ein Genexpressionstest kann diese Entscheidung erleichtern: Diese Tests bestimmen die Aktivität von Genen, die das Risiko für eine Rückkehr des Tumors nach einer Operation erhöhen5.

Diese Tests sind nur für bestimmte Formen von Brustkrebs zugelassen: hormonrezeptor-positive, HER2/neu-negative Tumoren ohne Lymphknotenbefall. Für einen dieser Tests – Oncotype DX – gibt es Studien, die auf einen Zusatznutzen hinweisen. Bei drei weiteren Tests ist die Datenlage weniger eindeutig: Prosigna, Endopredict und Mammaprint6. Alle vier Tests sind jedoch Bestandteil der Regelversorgung und werden von den Krankenkassen erstattet7.

Gentest bei Erbkrankheiten

Erbkrankheiten haben oft keine eindeutigen Symptome – ihre Diagnose kann daher sehr schwierig sein. Die einzige sichere Methode ist dann die Analyse des Erbguts, entweder durch Gentests oder durch Genomanalysen8. Die Genanalyse kann nicht nur im Einzelfall Klarheit bringen, sondern auch dabei helfen, mit geeigneten Vorsorgemaßnahmen die Erkrankung in einer größeren Population zurückzudrängen.

ß-Thalassämie auf Zypern

Gentests haben Zypern vor dem Staatsbankrott bewahrt. In dem Inselstaat wurden so viele Kinder mit der tödlichen Erbkrankheit ß-Thalassämie geboren, dass – ganz abgesehen vom mensch­lichen Leid – die Behandlungskosten den Gesundheits­etat zu sprengen drohten. 1976 wurde ein freiwilliger Gentest eingeführt, an dem fast alle Zyprer teilnahmen: In der Folge sank die Zahl der Erkrankungen auf ein Minimum9.

Tay-Sachs-Syndrom und Familiäre Dysautonomie

Auch in Nordamerika gab es spürbare Erfolge. Das Tay-Sachs-Syndrom und die Familiäre Dysautonomie sind seltene Erbkrankheiten, unter denen vor allem aschkenasische Juden zu leiden hatten. Mit Hilfe eines Gentests konnte die Häufigkeit dieser Erbleiden drastisch reduziert werden10.

Gentest für die Vermeidung von Nebenwirkungen

Viele Medikamente wirken von Mensch zu Mensch unterschiedlich. In seltenen Fällen können Gentests die Personen identifizieren, die ein besonders hohes Risiko für schwere Nebenwirkungen haben. Ein Beispiel ist Abacavir: Bei diesem AIDS-Medikament ist ein Gentest zwingend erforderlich, da sonst die Gefahr einer schweren Unverträglichkeit besteht.

Genvarianten von Stoff­wechsel­enzymen sind häufig dafür verantwortlich, dass Medikamente unerwartete Wirkungen haben. Die Folgen können gravierend sein. Die Pharmakogenetik beleuchtet dieses Zusammenspiel von Therapie und Erbgut. Manche Forscher sehen darin ein großes Potenzial: Gentests könnten die Wirksamkeit von Medikamenten erhöhen und Nebenwirkungen verringern. Doch die Umsetzung dieser Erkenntnisse erweist sich bislang als problematisch.

Gentests zur Vorbeugung

Genanalysen sollen nicht nur die Behandlung von Krankheiten erleichtern, sondern auch deren Entstehung verhindern. Grundlage dafür sind so genannte Assoziationsstudien, die das Erbgut vieler Menschen analysieren. Gesucht wird dabei unter anderem nach Genvarianten, die eine Vorhersage von Krankheitsrisiken ermöglichen. Denn – so die Hoffnung – wenn jeder seine persönlichen Risiken kennt, kann er auch gezielt vorbeugen.

Bisher wurden über 6000 Assoziationsstudien durchgeführt, die 800 000 Zusammenhänge zwischen kleinen Genveränderungen (single nucleotide polymorphisms, SNPs) und über 2000 Erkrankungen gefunden haben2. Private Anbieter bieten bereits seit Jahren Gentests an, die eine Analyse des eigenen Erbguts und damit eine gezielte Vorsorge ermöglichen sollen. Die Vorhersagen sind jedoch meist noch zu unsicher, um von praktischem Nutzen zu sein.

Personalisierte Medizin – ein Versprechen der Zukunft

In Zukunft werden Erbgutanalysen wohl ein normaler Bestandteil der Medizin sein. Im besten Fall lassen sich dann Erbkrankheiten zurückdrängen, Tumoren wirksamer bekämpfen und Medikamente individuell auf den Patienten zuschneiden. Doch bislang sind die Fortschritte eher bescheiden. Es wird noch viele Jahre dauern, bis die Möglichkeiten der personalisierten Medizin voll ausgeschöpft werden können.

Teil 1/3: Gentest – DNA-Analyse verändert die Medizin
Teil 2/3: Was nützt das Wissen?
Teil 3/3: Anbieter von Gentests – Analyse per Internet
1 M. Baltimore, Online Mendelian Inheritance in Man, OMIM, omin.org, Stand März 2023 (Link)
2 Sayers et al., Database resources of the National Center for Biotechnology Information , Nucleic Acids Research, Oktober 2020 (Link)
alle Referenzen anzeigen 3 Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Erblicher Krebs, krebsinformationsdienst.de, Stand Januar 2022 (Link)
4 J. Bruns, Companion-Diagnostik in der Onkologie, Deutsches Ärzteblatt, März 2021 (Link)
5 Gemeinsamer Bundesausschuss, Biomarkerbasierte Tests beim frühen Brustkrebs, Patientinnenmerkblatt, Stand Oktober 2020 (Link)
6 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Biomarkerbasierte Tests zur Entscheidung für oder gegen eine adjuvante systemische Chemotherapie beim primären Mammakarzinom, IQWiG-Berichte – Nr. 883, Stand Februar 2020 (Link)
7 Kassenärztliche Bundesvereinigung, Weitere Biomarker-Tests in den EBM aufgenommen, Praxisnachrichten, Juni 2021
8 Wright et al., Genomic Diagnosis of Rare Pediatric Disease in the United Kingdom and Ireland, New England Journal of Medicine, April 2023 (Link)
9 G. Bozkurt, Results from the north cyprus thalassemia prevention program, Hemoglobin, 2007 (Link)
10 J. Couzin-Frankel, Chasing a Disease To the Vanishing Point, Science, 2010 (Link)

Wie funktioniert ein Gentest?

DNA kann in Gentests auf Risikofaktoren untersucht werden
Speichelproben geben Aufschluss über genetische Risikofaktoren.

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Kurz und knapp

  • Gentests zeigen die Ursachen von Erbkrankheiten und Krebs auf
  • Gentests ermöglichen den Einsatz zielgerichteter Krebsmedikamente
  • bei Brustkrebs kann ein Gentest die Therapie beeinflussen
  • Gentests halfen dabei, Erbkrankheiten zurückzudrängen
  • Gentests erkennen bei manchen Medikamenten, ob dem Behandelten schwere Nebenwirkungen drohen
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