Entstehung von Krebs: Die Ursache von Genmutationen

Mutierte Gene können Krebs verursachen, aber was verursacht die Mutationen? Je nach Tumor tragen Umwelt, Vererbung oder Fehlfunktionen der Zelle die Hauptschuld.

Tumor und Genmutationen

Hauptschuldige: Umwelteinflüsse und Vererbung sind zwei der wichtigsten Ursachen für Genmutationen.

Körperzellen betreiben hohen Aufwand, um ihr Erbgut vor Schäden zu bewahren. Fehler und Unachtsamkeiten sind jedoch nicht zu vermeiden: Mit der Zeit häufen sich kleinere und größere Defekte an, die das Risiko von Krebs erhöhen. Forscher kennen heute über 500 Gene, in denen Mutationen das unkontrollierte Wachstum von Zellen begünstigen1. Oft ist es unmöglich, die Ursache einer Krebsmutation zu bestimmen – zu viele Prozesse können an ihrer Entstehung beteiligt sein.

Die Umwelt – UV-Licht, Zigaretten und Lebensmittelgifte

Bei Geweben, die ständig äußeren Einflüssen ausgesetzt sind, ist meist die Umwelt der Auslöser von Mutationen. Die Haut leidet unter der Sonne, Schadstoffe in der Luft reizen die Lunge und Bestandteile der Nahrung greifen das Verdauungssystem an. Manche Arten Krebs lassen sich zu großen Teilen auf Umwelt und Lebensgewohnheiten zurückführen:

  • UV-Licht löst Hautkrebs aus
  • Zigarettenrauch ist die Hauptursache von Lungenkrebs
  • das Pilzgift Aflatoxin ruft Leberkrebs hervor 2

Zwar können gesunde Zellen viele Schäden an der Erbsubstanz wieder beheben, doch wenn die Flut der schädigenden Einflüsse zu groß wird, geraten diese Reparaturmechanismen an die Grenzen ihrer Kapazität. Starke Raucher sind nicht zuletzt deshalb besonders gefährdet: Experten schätzen, dass etwa zwei von drei Mutationen bei der häufigsten Form von Lungenkrebs durch Zigarettenrauch ausgelöst wird3.

Defekte und Fehlfunktion in der Zelle

Schädigende Einflüsse kommen allerdings nicht nur von außen, sie können auch im Inneren der Zelle selbst entstehen. Auch hier spielen mehrere Prozesse eine Rolle3:

  • der Stoffwechsel erzeugt aggressive Substanzen (Oxidantien oder freie Radikale), die das Erbgut angreifen
  • natürliche chemische Verfallprozesse verfälschen die Buchstabenfolge der Erbinformation
  • Enzyme, die das Erbgut vervielfältigen oder reparieren sollen, machen in seltenen Fällen Fehler
  • Chromosomen zerfallen in dutzende oder gar hunderte Teile (Chromothripsis) und beim erneuten Zusammensetzen schleichen sich Fehler ein4

Diese Prozesse spielen vor allem in Geweben eine Rolle, die weitgehend von der Umwelt abgeschirmt sind, wie etwa Knochen oder Gehirn. Schätzungen gehen davon aus, dass – über alle Krebsarten gemittelt – etwa zwei von drei Krebsmutationen durch derartige Prozesse entstehen3.

Vererbung – Brustkrebs und BRCA

Die dritte wichtige Quelle von Krebsmutationen ist die Vererbung: Manchen Kindern werden genetische Risikofaktoren schon bei der Zeugung von ihren Eltern mitgegeben. Eine jüngere Studie fand Hinweise, dass dies bei einem von acht Krebspatienten der Fall sein kann5.

Bekannte Beispiele sind die Gene BRCA1 und BRCA2, die in manchen Familien gehäuft auftreten. Bis zu 60 % der weiblichen Mitglieder entwickeln im Laufe ihres Lebens Brustkrebs und 40 % Eierstockkrebs6.

Auch beim Prostatakrebs gibt es Formen, die gehäuft in Familien auftreten. Allerdings steht hier meist kein einzelnes Gen im Vordergrund, sondern der Krebs wird durch das Zusammenspiel von mindestens hundert Genen ausgelöst. Bei etwa 5 bis 15 % aller Prostatakrebsfälle wird ein starker genetischer Einfluss vermutet7.

Letztlich spielen erbliche Faktoren auch bei Hautkrebs und vielen weiteren Krebsarten eine Rolle, wie Studien mit Zwillingen angedeutet haben8. Der Anteil der Vererbung am Gesamtrisiko bleibt in diesen Fällen aber meist gering.

Tumore haben viele Ursachen

Die Ursachen von Krebsmutationen können also vielfältig sein: Bei der Lunge sind die Einflüsse der Umwelt dominant, im Gehirn sind es eher Vorgänge innerhalb der Zelle. Und in seltenen Formen von Brustkrebs spielt die Vererbung eine wichtige Rolle.

Bei anderen Krebsarten ist die Zuordnung jedoch nicht so eindeutig, da sich meist in einer Zelle erst zwei bis acht Krebsmutationen ansammeln müssen, bevor sich ein Tumor entwickeln kann9. Und diese unterschiedlichen Krebsmutationen können durch unterschiedliche Prozesse hervorgerufen werden. Die Entstehungsgeschichte von Krebs ist höchst komplex – auch deshalb ist er so unberechenbar und schwer zu behandeln.

Teil 1/2: Krebs - eine Krankheit der Gene
Teil 2/2: Ursache von Genmutationen
1 Catalogue of Somatic Mutations in Cancer, Cancer Gene Census (CGC), Wellcome Sanger Institute, abgerufen September 2020 (Link)
2 Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Aflatoxingehalte verschiedener Lebensmittel, Webseite, abgerufen September 2020 (Link)
alle Referenzen anzeigen 3 Tomasetti et al., Stem cell divisions, somatic mutations, cancer etiology, and cancer prevention, Science, März 2017 (Link)
4 Knouse und Amon, The micronucleus gets its big break, Nature, Juni 2015 (Link)
5 Pathogene Keimbahnvarianten: Jeder 8. Krebspatient hat genetische Anlage, Deutsches Ärzteblatt, November 2020 (Link)
6 Couch et al., Two Decades After BRCA: Setting Paradigms in Personalized Cancer Care and Prevention, Science, März 2014 (Link)
7 Heidegger et al., Hereditary prostate cancer - Primetime for genetic testing?, Cancer Treat Rev, Dezember 2019 (Link)
8 Mucci et al., Familial Risk and Heritability of Cancer Among Twins in Nordic Countries, JAMA, Januar 2016 (Link)
9 Vogelstein et al., Cancer Genome Landscapes, Science, März 2013 (Link)

Tumor und Genmutationen

Hauptschuldige: Umwelteinflüsse und Vererbung sind zwei der wichtigsten Ursachen für Genmutationen.

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Kurz und knapp

  • Umwelteinflüsse wie UV-Licht und Zigarettenrauch schädigen das Erbgut und können Krebs auslösen
  • Mutationen können auch durch aggressive Stoffwechselprodukte oder die Fehlfunktion von Enzymen entstehen
  • manche Tumore werden durch vererbte Krebsmutationen hervorgerufen
  • bei der Entstehung eines Tumors sind meist mehrere Prozesse beteiligt
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