Nabelschnurblut bei Zerebralparese – der mögliche Durchbruch
Nabelschnurblut könnte Kindern mit frühkindliche Hirnschädigungen helfen – wenn sich erste Studien bewahrheiten. Ein Erfolg wäre ein starkes Argument für die private Einlagerung von Nabelschnurblut.
Eines von 500 Kindern wird mit einer Hirnschädigung geboren oder erleidet diese während der Geburt. Als Folgeerscheinungen – unter dem Begriff Zerebralparese zusammengefasst – können spastische Lähmungen und in schweren Fällen auch geistige Behinderungen auftreten. Zerebralparesen können kaum behandelt werden, und selbst kleinere Fortschritte müssen schon als Erfolg gelten.
Ein Schritt in diese Richtung machte im Jahr 2013 eine kleine Studie in Südkorea. Sie verwendete dazu ein ungewöhnliches Heilmittel – Nabelschnurblut. Der Forscher MinYoung Kim behandelte an der Universität Bundang 31 Kinder, die an Zerebralparese litten, mit Nabelschnurblut von fremden Spendern1. Innerhalb weniger Monate zeigten sich erste Erfolge: Die körperliche und geistige Entwicklung der behandelten Kinder macht spürbar bessere Fortschritte als die einer unbehandelten Kontrollgruppe.
Wachstumsfaktoren unterstützen die Heilung
Warum die Behandlung wirkt, ist allerdings unklar. Dass sich die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut direkt in Gehirnzellen umwandeln, gilt als äußerst unwahrscheinlich. Der koreanische Forscher vermutet, dass die Nabelschnur-Zellen stattdessen Wachstumsfaktoren freisetzen, welche die Entwicklung des Gehirns unterstützen. Eine Folgestudie aus dem Jahr 2015 deutet zudem an, dass das Immunsystem eine heilende Wirkung haben könnte4.
Die Koreaner waren allerdings nicht die ersten, die Nabelschnurblut für die Behandlung von Zerebralparese einsetzten. Bereits im Jahr 2005 behandelte Joanne Kurtzberg, eine angesehene Pionierin auf diesem Feld, ein einjähriges Mädchen mit deren eigenem Nabelschnurblut2.
Dies geschah im Rahmen einer klinischen Studie, an der auch 140 Kinder mit Zerebralparese teilnahmen und die bis ins Jahr 2009 andauerte. Das wichtigste Ergebnis: Die Behandlung mit Nabelschnurblut war sicher und ohne schwerwiegende Nebenwirkungen. Ob sie jedoch auch wirksam war, blieb ungewiss.
Eine Folgestudie mit 63 Kindern sollte diese Frage klären – aber auch deren Ergebnisse waren nicht eindeutig3. Wenn die Forscher alle Kinder betrachteten, hat die Transplantation des eigenen Nabelschnurbluts die Symptome der Zerebralparese nicht signifikant verbessert. Doch dem Teil der Kinder, die höhere Dosen von Nabelschnurblut erhielten, schien es danach spürbar besser zu gehen. Joanne Kurtzberg hofft daher weiterhin auf die Nabelschnurtherapie und wird weitere Studien durchführen.
Geänderte Haltung
Auch der Koreaner MinYoung Kim führt Folgestudien zur Zerebralparese durch, zudem noch weitere unabhängige Forschergruppen in Korea, den USA und Australien5. Erst wenn diese Studien beendet sind, wird sich zeigen, ob die ersten Hoffnungen in das Nabelschnurblut berechtigt waren.
Sollten das Ergebnis der Studien tatsächlich positiv ausfallen, könnten Therapien mit Nabelschnurblut einen großen Schub bekommen. Und private Nabelschnurbanken, die eine Einlagerung für den Eigenbedarf anbieten, hätten ein eindeutiges Argument für den Nutzen ihres Angebots.
Denn bislang halten viele Ärzteverbände eine private Einlagerung für überflüssig, da geeignete medizinische Anwendungen fehlen. Erfolge bei der Behandlung der Zerebralparese könnten die Mediziner dazu bewegen, ihre Haltung zu ändern. Wenn eines von 500 geborenen Kindern von eigenem Nabelschnurblut profitieren könnte, wäre der Nutzen einer privaten Vorsorge nicht mehr von der Hand zu weisen.
Bis eine Nabelschnurblut-Therapie für Zerebralparese für alle Patienten verfügbar ist, wird es allerdings selbst im besten Fall noch viele Jahre dauern. Dabei ist die Zeit ein kritischer Faktor: Die koreanische Studie deutet an, dass eine Behandlung vor allem in den ersten drei Lebensjahren wirksam ist. Für Kinder, die jetzt oder in absehbarer Zukunft geboren werden, käme diese Therapie zu spät.
Zerebralparese – Autismus
2 Sun et al., Differences in quality between privately and publicly banked umbilical cord blood units: a pilot study of autologous cord blood infusion in children with acquired neurologic disorders., Transfusion, 2010 (link)
3 Sun et al., Effect of Autologous Cord Blood Infusion on Motor Function and Brain Connectivity in Young Children with Cerebral Palsy: A Randomized, Placebo-Controlled Trial, Stem Cells Translational Medicine, 2017 (link)
4 Kang et al., Involvement of Immune Responses in the Efficacy of Cord Blood Cell Therapy for Cerebral Palsy, Stem Cells and Development, 2015 (link)
5 McDonald et al., Umbilical cord blood cells for treatment of cerebral palsy; timing and treatment options, Pediatric Research, 2018 (link)
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Kurz und knapp
- eines von 500 Kindern leidet an einer Zerebralparese
- eine koreanische Studie deutet an, dass Nabelschnurblut die Symptome einer Zerebralparese lindern kann
- mehrere weitere Studien untersuchen ebenfalls den Einfluss von Nabelschnurblut auf Zerebralparesen
- fallen diese Studien positiv aus, könnte dies die Bewertung der privaten Einlagerung von Nabelschnurblut grundlegend verändern