Die Nabelschnur – erste Bande zwischen Mutter und Kind
Im Mutterleib versorgt die Nabelschnur das Kind mit allem, was es für eine gesunde Entwicklung braucht. Aber auch danach kann sie noch wertvoll sein.
Nahrung, Vitamine, Sauerstoff – im Blutstrom der Mutter gibt es alles im Überfluss. Doch wie kann das heranwachsende Kind davon profitieren? Zwei Gewebe machen dies möglich: die Nabelschnur und die Plazenta.
Vom Haftstiel zur Nabelschnur
In den ersten Lebenswochen wird die Nabelschnur noch nicht benötigt. Der Embryo ist so klein, dass er die Nährstoffe direkt aus dem mütterlichen Gewebe ziehen kann. Doch mit seiner Größe wächst auch sein Nahrungsbedarf, und so wird ab der vierten Woche ein winziger Haftstiel zur Nabelschnur ausgebaut.
Die Nabelschnur verbindet bald darauf den Blutkreislauf des Kindes mit dem der Mutter. Anfangs misst sie nur wenige Millimeter, doch am Ende der Schwangerschaft erreicht sie eine Länge von 50-60 Zentimetern und eine Dicke von knapp zwei Zentimetern.
Eine Vielzahl unterschiedlicher Stammzellen sorgt dafür, dass die Nabelschnur rasch mitwächst und dennoch immer zuverlässig funktioniert. Denn es ist nicht immer einfach, die Versorgung des Fetus zu garantieren.
Drei Eigenschaften, die eine Nabelschnur haben muss
In der Bauchhöhle der Mutter ist nur wenig Platz. Die Nabelschnur liegt ständig eng am Kind, und dies kann gefährliche werden: Falls die Nabelschnur abknickt, ist die Versorgung des Kindes unterbrochen. Und wenn die Nabelschnur sich zu fest um das Kind wickelt, ist dessen Leben in Gefahr.
Drei Eigenschaften der Nabelschnur reduzieren diese Gefahren auf ein Minimum.
- Sie besteht sie aus sehr robustem Gewebe, das sich kaum knicken lässt.
- Und letztlich sie ist in sich gedreht und wie eine Spirale verlängerbar – ein Abschnüren des Kindes ist damit fast ausgeschlossen.
Im Inneren der Nabelschnur verlaufen drei Blutgefäße: Zwei Arterien bringen das Blut vom Fetus zur Mutter, und eine Vene transportiert es zusammen mit den Nährstoffen wieder zurück. Es besteht jedoch keine direkte Verbindung zwischen den Blutkreisläufen von Fetus und Mutter – der Austausch findet über die Plazenta statt.
Reger Austausch über die Plazenta-Schranke
Über eine Vielzahl von kleinen Äderchen versickert das Blut des Kindes in der Plazenta. Das mütterliche Blut strömt von der anderen Seite in die Plazenta, wobei eine Membran – die Plazenta-Schranke – verhindert, dass es sich mit dem Blut des Kindes vermischt. Nährstoffe und andere kleinere Moleküle lässt die Plazenta-Schranke hingegen passieren.
Der Austausch geht in beide Richtungen. Das Kind empfängt Sauerstoff und Nährstoffe von der Mutter, dafür gibt es Kohlendioxid und Endprodukte des Stoffwechsels wieder ab. Glukose ist der wichtigste Nährstoff, aber auch Vitamine, Aminosäuren (die Bausteine für Proteine) und manche Vorläufer für Fette unterstützen das Wachstum des Kindes. Gegen Ende der Schwangerschaft lässt die Plazenta-Schranke auch mütterliche Antikörper durch, um dem Kind einen ersten Schutz vor Krankheits-Erregern zu bieten.
Die Plazenta-Schranke ist also von zentraler Bedeutung für die Versorgung des Fetus, was sich auch an ihren Ausmaßen ablesen lässt: In der 28. Schwangerschaftswoche ist ihre Fläche mit fünf Quadratmetern größer als ein Doppelbett, und vor der Geburt hat sie die Dimensionen eines kleinen Zimmers erreicht – fast zwölf Quadratmeter
Wertvolles Nabelschnurblut
Nach der Geburt wird die Nabelschnur überflüssig – zumindest für die Versorgung des Kindes. Denn mit dem ersten Schrei wird das Blut in den Lungenkreislauf umgeleitet, und die Nabelschnur hört wenige Minuten später auf zu pulsieren. Im Laufe der nächsten Tage verdorren ihre letzten Überbleibsel und fallen von alleine ab.
Die Hebamme durchtrennt die Nabelschnur kurz nach der Geburt, nur wenige Zentimeter verbleiben am Bauch des Kindes. Der andere Teil ist noch mit der Plazenta verbunden, und beide Gewebe enthalten weiterhin beträchtliche Mengen des kindlichen Bluts. Darin finden sich auch wertvolle Stammzellen: Dieses Nabelschnur- oder Plazentarestblut wird daher oftmals eingelagert und für spätere Anwendungen in der Medizin aufbewahrt.
Für die Entnahme des Bluts führen Hebamme oder Arzt eine Kanüle in die Nabelschnurvene ein und lassen das Blut in einen speziellen Auffangbehälter laufen. Dieser verhindert die Gerinnung und ermöglicht den Transport zur Blutbank. Die Prozedur dauert kaum länger als zwei Minuten und ist für Mutter und Kind vollkommen schmerzfrei.
Mesenchymale Stammzellen im Gewebe der Nabelschnur
Auch die Nabelschnur selbst kann eingelagert werden. In ihrem Gewebe finden sich mesenchymale Stammzellen, die für die Bildung von Knochen, Knorpel und Fettgewebe zuständig sind. Viele Ärzte suchen nach Möglichkeiten, diese Stammzellen für die Entwicklung neuer Therapien zu nutzen. Doch noch sind diese Studien in einer experimentellen Phase – Ergebnisse werden noch einige Jahre auf sich warten lassen
Blut und Gewebe der Nabelschnur werden heute eher selten eingelagert. Ärzte raten oft zum Abwarten, da mögliche Anwendungen noch weit vom medizinischen Alltag entfernt sind. Doch wenn sich nur einige der Hoffnungen bestätigen, werden auch sie die Lage neu bewerten: Stammzellen aus der Nabelschnur könnten dann auch nach der Geburt noch Leben retten.
Teil 2/2: Das Gewebe der Nabelschnur enthält potente Stammzellen
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Nabelschnurgewebe
Kurz und knapp
- die Nabelschnur entwickelt sich ab der vierten Entwicklungswoche aus einem winzigen Haftstiel
- am Ende der Schwangerschaft ist die Nabelschnur 50-60 Zentimeter lang und etwa zwei Zentimeter dick
- die Nabelschnur mündet in die Plazenta, wo der Austausch zwischen fetalen und mütterlichen Blutkreislauf stattfindet
- die Plazenta-Schranke verhindert einen direkten Kontakt zwischen fetalem und mütterlichem Blut, lässt aber Nährstoffe passieren
- das Nabelschnurblut enthält viele Stammzellen, die in der Medizin Anwendung finden