Brustkrebs: Therapie mit Tamoxifen und Herceptin

Brustkrebs wird häufig mit zielgerichteten Medikamenten behandelt, die den Tumor an seinen Schwachstellen angreifen. Doch auf klassische Methoden können Ärzte deshalb nicht verzichten.

Das Hormon Östrogen lässt die weibliche Brust wachsen, vor allem in der Pubertät und bei Schwangerschaften. Doch es hat auch eine Kehrseite: Östrogen fördert die Ausbreitung von Brustkrebs.

Bereits in den 1970er Jahren erkannten Forscher, dass sie damit einen Schwachpunkt der Krebszellen entdeckt hatten. Sie experimentierten mit einer Substanz, die diese Wachstumssignale unterbricht - und bereiteten so den Weg für neue Krebstherapien.

Zielgerichtete Therapie

Herceptin und Tamoxifen unterbinden Wachstumssignale, ohne die sich Brustkrebszellen nicht vermehren können.

Tamoxifen blockiert die Wirkung von Östrogen

Der Wirkstoff Tamoxifen sollte ursprünglich als Verhütungsmittel dienen: Es bindet an den Rezeptor für Östrogen und blockiert die Wirkung des Hormons. Doch erfolgreich war es auf einem ganz anderen Gebiet: Tamoxifen unterstützt die Therapie von Brustkrebs. Über mehrere Jahre eingenommen, senkt es die Todesrate um 10-25 % und die Zahl der Rückfälle um 20-40 %1. Experten schätzen, dass diese sogenannte Hormontherapie bereits hunderttausenden Frauen das Leben gerettet hat.

Tamoxifen ist jedoch kein Ersatz für klassische Behandlungsmethoden. Entscheidend für die Heilung sind weiterhin Operation, Bestrahlung und Chemotherapie, die vor allem im Anfangsstadium von Brustkrebs gute Erfolgsaussichten bieten. Doch sobald ein Krebs Metastasen bildet, die sich im ganzen Körper verteilen, ist jede Hilfe bitter nötig - diese leisten die sogenannten adjuvanten Therapien. Tamoxifen ist eine davon, und sie hat sich im Lauf der Jahre als sehr wirksam erwiesen. In den USA ist Tamoxifen sogar für die Vorsorge zugelassen, allerdings nur bei Frauen mit stark erhöhtem Krebsrisiko.

Herceptin - neue Form der Therapie

Bei etwa einem Viertel der Brustkrebs-Patientinnen spielt das Hormon Östrogen jedoch keine Rolle2 - Tamoxifen bleibt bei ihnen wirkungslos. Vielen dieser Frauen kann ein anderes Medikament helfen, das ebenfalls wichtige Wachstumssignale blockiert. Das Präparat Herceptin gilt als einer der ersten Vertreter einer neuen Therapieform - der zielgerichteten Medikamente.

Schon der Name weist auf das charakteristische Merkmal der zielgerichteten Therapien hin: Sie greifen den Krebs direkt an seinen Schwachstellen an. Während Chemotherapien alle Krebszellen unterschiedslos abtöten (und viele gesunde Körperzellen dazu), attackiert Herceptin die Zellen nur dann, wenn sie einen Rezeptor mit Namen HER2 auf ihrer Oberfläche tragen. Die HER2-tragenden Krebszellen stellen daraufhin ihr Wachstum ein.

Das Medikament Herceptin basiert auf dem Antikörper Trastuzumab, der mit hoher Zielgenauigkeit an den HER2-Rezeptor andockt. Es wird daher nur bei Patientinnen eingesetzt, in deren Tumoren die HER2-Rezeptoren zuvor eindeutig nachgewiesen wurden (etwa 15-20 % aller Fälle). Genau wie Tamoxifen wird Herceptin für die adjuvante Therapie verwendet, und auch die Wirksamkeit ist ähnlich: Die Todesrate wird um etwa ein Drittel gesenkt, die Zahl der Rückfälle sogar beinahe halbiert3.

Seit der Einführung von Herceptin im Jahr 1998 sind zwei weitere zielgerichtete Medikamente auf dem Markt gekommen, die ebenfalls am HER2-Rezeptor ansetzen. Pertuzumab (Handelsname Perjeta) ist ebenfalls ein Antikörper und wird meist in Kombination mit Herceptin eingesetzt. Der Wirkstoff Lapatinib (Handelsname Tyverb) ist ein kleines synthetisches Molekül, das in die Zellen eindringt und dort die Aktivität von HER2 hemmt2.

Nicht jeder profitiert

Es gibt noch eine dritte Form von Brustkrebs, die besonders schwer zu behandeln ist. Diesen Krebszellen tragen weder den HER2-Rezeptor noch Rezeptoren für die Hormone Östrogen und Progesteron - adjuvante Therapien mit Tamoxifen oder Herceptin sind daher zwecklos. Ungefähr 15-20 % der Brustkrebs-Tumore gehören zu dieser aggressiven Variante, für die es noch keine zielgerichteten Therapien gibt.

Wenn Forscher die Analyse von Krebsgenen mit einbeziehen, kommen sie sogar auf fünf Klassen von Brustkrebs-Erkrankungen. Diese Analysen werden auch genutzt, um die Wirksamkeit von Therapien oder das Risiko von Metastasen vorherzusagen. Doch leider sind diese Gentests noch nicht so weit ausgereift, dass sie sichere Unterscheidungen ermöglichen. In der Praxis spielen daher erst eine untergeordnete Rolle2.

Zielgerichtete Therapien haben in den letzten Jahren vielen Frauen das Leben gerettet. Wundermittel sind sie allerdings noch nicht: Noch immer versterben etwa ein Fünftel aller Brustkrebs-Patientinnen an ihrer Erkrankung4. Doch es besteht die Hoffnung, dass in Zukunft bessere Wirkstoffe - oder deren geschickte Kombination - die Todesrate weiter senken können.

1 G. Lita Smith., The Long and Short of Tamoxifen Therapy: A Review of the ATLAS Trial, J. Adv. Pract. Oncol. Januar 2014 (Link)
2 De Abreu et al., Personalized therapy for breast cancer, Clinical Genetics Juli 2014 (Link)
3 Viani et al., Adjuvant trastuzumab in the treatment of her-2-positive early breast cancer: a meta-analysis of published randomized trials, BMC Cancer August 2007 (Link)
4 Robert Koch-Institut, Krebs in Deutschland 2015/2016 (Link)

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Kurz und knapp

  • Tamoxifen blockiert die Wirkung des Hormons Östrogen auf Brustkrebszellen und verlangsamt deren Wachstum
  • Herceptin (Trastuzumab) hemmt den HER2-Rezeptor auf Krebszellen und verlangsamt ebenfalls deren Wachstum
  • zielgerichtete Medikamente könnte die Todesrate und die Zahl der Rückfälle deutlich senken
  • Basis der Brustkrebstherapie bilden aber weiterhin Operation, Chemotherapie und Bestrahlung
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