Holoclar - Stammzelltherapie erneuert die Hornhaut der Augen

Stammzellen aus dem eigenen Auge erneuern die eingetrübte Hornhaut: Holoclar ist die erste kommerzielle Stammzelltherapie in Europa.

Langsam zu erblinden - dieses Schicksal droht Menschen, deren Augen starke Verbrennungen erleiden. Bleibt jedoch ein Teil des Auges unverletzt, kann eine italienische Firma helfen. Aus einer kleinen Probe züchtet sie Stammzellen heran, die das Gewebe regenerieren und die Sicht wieder herstellen.

Therapie für Augenverletzungen

Holoclar ist die erste kommerzielle Stammzelltherapie Europas

Unter dem Namen Holoclar kam die Anwendung im Jahr 2015 auf den Markt - als erste kommerzielle Stammzelltherapie Europas. Fünfzehn Jahre Arbeit hatten italienische Forscher da bereits in die Entwicklung investiert, und dabei eine Odyssee durch diverse Forschungsinstitute durchlebt1. 2008 gründeten Graziella Pellegrini und Michele de Luca, die Köpfe hinter Holoclar, eigens die Firma Holostem in Modena. Dies ist der einzige Ort, der für die Herstellung des Stammzell-Präparats zugelassen ist.

Gute Aussichten auf Heilung

Holoclar ist jedoch nur für eine kleine Zahl von Menschen gedacht. Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein: Schwere Verbrennungen und Verätzungen des Auges haben zum Verlust der sogenannten limbalen Stammzellen geführt, die für die Regeneration der Hornhaut notwendig sind2. Und ein Auge - oder zumindest ein kleiner Teil davon - muss noch intakt sein. Diese Form der "limbalen Stammzellinsuffizienz" ist eher selten, in Europa trifft sie jährlich kaum mehr als tausend Patienten1.

Die Aussichten auf Heilung sind jedoch gut. Die Daten von 112 Patienten zeigten, dass nach einem Jahr sich etwa drei von vier Eingriffen als Erfolg erwiesen3. Die Sicht wurde besser, Schmerzen und Entzündungsreaktionen ließen deutlich nach. Und die Verbesserung hielt lange Zeit an - bis zu 10 Jahre konnten eindeutig nachgewiesen werden.

Limbale Stammzellen bilden die Grundlage

Der Eingriff verläuft nach einem einfachen Schema. Ärzte entnehmen dem Patienten eine Biopsie von etwa 1-2 mm² aus dem Limbus, der Grenze zwischen Hornhaut und Bindegewebe am Rand der Pupille. Die Biopsie wird zu Holostem geschickt, die daraus limbale Stammzellen aufreinigt, vermehrt und auf eine Membran von etwa 2 cm Durchmesser aufträgt. Diese Membran wird zu den behandelnden Ärzten zurückgesendet und dann in den beschädigten Teil des Auges implantiert.

Holoclar besteht zum größten Teil aus gewöhnlichen Hornhautzellen, die das zerstörte Gewebe rasch erneuern. Doch entscheidend für die langfristige Wirkung ist der kleine Anteil von limbalen Stammzellen, der meist etwa 3.5 % beträgt. Die limbalen Stammzellen lagern sich am Rand der Hornhaut an und sorgen dafür, dass sie sich regelmäßig erneuert. Ohne dies würde das Bindegewebe die Hornhaut überwuchern und die Sicht innerhalb weniger Monate wieder eintrüben.

Geringe Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen bleiben gering. Die Biopsie aus dem gesunden Gewebe ist so klein, dass nur geringfügige Schäden zurückbleiben. Und die Folgen der Operation beschränken sich meist Entzündung des Augenlids (Blepharitis), Defekt des Hornhautepithels und eventuell Glaukome durch die notwendige Kortikosteroidbehandlung. Zwischen drei und zehn Prozent der Behandelten müssen mit den jeweiligen Nebenwirkungen rechnen, und insgesamt gilt Holoclar damit noch als gut verträglich4.

Zu der Zahl der bislang behandeltet Patienten finden sich bislang nur wenig öffentlichen Angaben. An einer Augenklinik in Köln wurden zwischen 2017 und 2018 fünf Patienten behandelt, von denen vier einen zufriedenstellenden Teil ihrer Sehkraft wiedererlangt haben5. Die Kosten der Behandlung mit Holoclar betrugen 120 000 Euro pro Patient.

Für manche Menschen, die von schleichender Erblindung bedroht sind, ist dies die letzte Hoffnung. Deren Zahl ist fast verschwindend gering, aber das soll die herausragende Leistung dieser Stammzelltherapie nicht schmälern: Als erste kommerzielle Therapie hat es Holoclar verstanden, dass volle Potenzial der adulten Stammzellen zu nutzen.

1 A. Abbott, Behind the scenes of the world's first commercial stem-cell therapy, Nature, März 2015 (Link)
2 EMA, Holoclar: Ex vivo expandierte autologe menschliche Hornhautepithelzellen, die Stammzellen enthalten, Zusammenfassung für die Öffentlichkeit, Februar 2015 (Link)
alle Referenzen anzeigen 3 Rama et al., Limbal stem-cell therapy and long-term corneal regeneration, NEJM, Juni 2010 (Link)
4 EMA, Holoclar: Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels, Juni 2016 (Link)
5 Schrage et al., Stammzelltransplantat bei schweren Verätzungen - Erste klinische Erfahrungen mit dem Holoclar, Der Augenspiegel, Mai 2019 (Link)

Therapie für Augenverletzungen

Holoclar ist die erste kommerzielle Stammzelltherapie Europas
Die erste kommerzielle Stammzelltherapie Europas hilft Patienten, die sich schwere Augen­verletzungen duruch Verbrennungen oder Verätzungen zugezogen haben.

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Kurz und knapp

  • Holoclar ist die erste Stammzelltherapie eines kommerziellen Unternehmens, die in Europa Zulassung fand
  • die Therapie nutzt limbale Stammzellen aus dem Auge, um eine beschädigte Hornhaut zu erneuern
  • Holoclar ist für Patienten mit schweren Verbrennungen und Verätzungen der Augen zugelassen
  • in Europa kommen jährlich etwa tausend Patienten für eine Behandlung in Frage
  • die Erfolgsquote von Holoclar liegt bei etwa 75 %, die Nebenwirkungen bleiben gering
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