Casgevy – CRISPR-Therapie gegen Sichelzellkrankheit

Ein Eingriff ins Erbgut kann die Symptome der Sichelzellanämie und der ß-Thalassämie erheblich lindern.

Therapie mit CRISPR/Cas9

Die CRISPR-TherapieCasgevy behandelt die Sichelzellkrankheit und ß-Thalassämie

Die Erbkrankheiten Sichelzellanämie und ß-Thalassämie beruhen auf einem Defekt des Blutfarbstoffs Hämoglobin. Die Folge sind Blutarmut, Organschäden und häufige Schmerzepisoden, die ohne Behandlung lebensbedrohlich sein können.

Die Gentherapie Casgevy nutzt die Genschere CRISPR/Cas9, um den Defekt im Erbgut von Blutstammzellen auszugleichen. In einer Studie konnte der Eingriff die lebensbedrohlichen Anfälle fast vollständig unterdrücken.

Seit Ende 2023 ist Casgevy in Großbritannien und den USA zugelassen, seit Februar 2024 auch in der Europäischen Union1.

Die Krankheit – Defekt im Blutfarbstoff Hämoglobin

Punktmutationen in dem Gen für ß-Globin können die Funktion des Blutfarbstoffs Hämoglobin stören. Unterschiedliche Mutationen führen zu zwei verschiedenen Krankheitsbildern: der Sichelzellanämie und der ß-Thalassämie.

Sichelzellanämie

Bei der Sichelzellkrankheit verändern sich die Eigenschaften der roten Blutkörperchen: Sie nehmen eine sichelförmige Gestalt an, werden unbeweglich und sterben deutlich früher ab2. Diese Sichelzellen können sich auch zu größeren Aggregaten zusammenballen und kleinere Blutgefäße verschließen – Organschäden und sehr schmerzhafte Anfälle können die Folge sein.

Bei guter Behandlung erreichen heute fast alle betroffenen Kinder das Erwachsenenalter. Allerdings ist die Lebensqualität stark eingeschränkt: Die körperliche Leistungsfähigkeit ist meist vermindert, schwere Schmerzkrisen können mehrmals im Jahr auftreten.

ß-Thalassämie

Bei der ß-Thalassämie7 führt ein Mangel an Hämoglobin zu einer stark verminderten Anzahl roter Blutkörperchen oder Erythrozyten – der Körper wird nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Unbehandelt sterben die Betroffenen bereits im Kindesalter.

In schweren Fällen sind regelmäßige Bluttransfusionen notwendig, die ein bis zweimal im Monat erfolgen müssen. Die Transfusionen sichern das Überleben, belasten aber auch den Stoffwechsel mit dem Spurenelement Eisen. Das Eisen lagert sich in vielen Organen ab und verursacht Komplikationen, die die Lebenszeit verkürzen können.

Eine Alternative zu Casgevy ist die Transplantation von Blutstammzellen. Dieser Eingriff ist jedoch mit hohen Risiken verbunden. Zudem ist eine Transplantation bei vielen Betroffenen nicht möglich, da kein passender Spender zur Verfügung steht.

Die Therapie – Aktivierung des fetalen Hämoglobins

Casgevy (exagamglogene autotemcel, exa-cel) nutzt die Genschere CRISPR/Cas9, um eine fetale Variante des Hämoglobin-Gens zu aktivieren3. Das fetale Hämoglobin wird in der normalen menschlichen Entwicklung abgeschaltet, wenn das Kind den Mutterleib verlässt. Eine zentrale Rolle bei dieser Abschaltung spielt das Gen BCL11a: Casgevy inaktiviert BCL11a und ermöglicht so die Produktion von fetalem Hämoglobin.

Der Eingriff erfolgt an körpereigenen Blutstammzellen. Die Stammzellen werden im Labor mit der Genschere CRISPR/Cas9 verändert und dann zurück in den Körper gegeben. Eine Vorbehandlung mit Zytostatika stellt dabei sicher, dass sich die Stammzellen in ausreichender Zahl im Körper einnisten können.

Der Nutzen – Schmerzkrisen verschwinden fast vollständig

Casgevy wurde bislang an 45 Patienten getestet. Zwischenergebnisse bei 31 Behandelten zeigten, dass die CRISPR-Therapie das Auftreten der Schmerzkrisen wirksam unterdrücken konnte4. Vor der Behandlung litten die Betroffenen durchschnittlich unter etwa 4 Schmerzkrisen pro Jahr, danach traten nur noch bei zwei Patienten jeweils ein einziger Vorfall auf.

Auch die Menge des fetalen Hämoglobins im Blut ist bisher kaum gesunken, die veränderten Stammzellen scheinen sich also stabil im Knochenmark eingenistet zu haben. Allerdings beträgt die längste Behandlungsdauer bisher nur etwa vier Jahre5 – zu kurz, um die Wirksamkeit und Langlebigkeit von Casgevy abschließend beurteilen zu können.

Die Nebenwirkungen – Eingriff scheint weitgehend sicher

Die Anwendung von Casgevy hat sich bislang als sicher erwiesen4. Ernste Nebenwirkungen, die eindeutig auf den CRISPR-Eingriff zurückzuführen sind, wurden bisher nicht berichtet. Allerdings kann die einleitende Chemotherapie erhebliche Nebenwirkungen haben.

Es besteht zudem die Möglichkeit, dass die Genschere bei manchen Behandelten eine geringfügige Veränderung im Erbgut auslösen kann. Wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür ist, bleibt allerdings unklar. Es ist auch nicht bekannt, ob diese Veränderung schädliche Folgen haben könnte5.

Die Alternativen – Hydroxycarbamid und Knochenmarktransplantation

Menschen mit Sichelzellkrankheit sollten regelmäßig untersucht werden, um gesundheitliche Probleme rechtzeitig zu erkennen und möglichen Komplikationen vorzubeugen2. Viele Betroffene erhalten das Medikament Hydroxycarbamid, das die Produktion des fetalen Hämoglobins anregt. Eine regelmäßige Einnahme kann die Hämoglobinkonzentration im Blut erhöhen und die Zahl der Schmerzkrisen verringern.

Wenn ein passender Spender zur Verfügung steht, ist auch eine Knochenmarktransplantation möglich. Sie kann im besten Fall zur Heilung führen. Der Eingriff ist jedoch mit hohen Risiken verbunden.

Die Entwicklung – von der Firma einer Nobelpreisträgerin

Ursprünglich wurde Casgevy von der Schweizer Firma CRISPR Therapeutics entwickelt. Dieses Unternehmen wurde von Emmanuelle Charpentier mitgegründet, die für die Entdeckung der CRISPR-Technologie den Nobelpreis erhielt (zusammen mit Jennifer Doudna). Seit 2015 arbeitet CRISPR Therapeutics mit dem US-amerikanischen Unternehmen Vertex Pharmaceuticals zusammen. Die ersten Patienten wurden im Jahr 2018 behandelt.

Die Kosten – in den USA 2,2 Millionen US-Dollar

In den USA wird der Listenpreis von Casgevy vorerst bei 2,2 Millionen US-Dollar angesetzt6.

1 European Medicines Agency (EMA), Casgevy (Exagamglogene autotemcel): Übersicht über Casgevy und warum es in der EU zugelassen ist, EMA/577381/2023, Februar 2024 (Link)
2 Lobitz et al., Sichelzellkrankheit (Sichelzellanämie), kinderblutkrankheiten.de, April 2021 (Link)
alle Referenzen anzeigen 3 M. Eisenstein, Gene therapies close in on a cure for sickle-cell disease, Nature, August 2021 (Link)
4 S. Bryson, Exa-cel Continues to Prevent VOCs in Sickle Cell Patients: New Trial Data, Sickle Cell Disease News, Juni 2022 (Link)
5 K. Davies, CRISPR Prime Time? FDA Advisory Committee Evaluates Vertex Exa-Cel Therapy for Sickle Cell Disease, Genetic Engineering & Biotechnology News, November 2023 (Link)
6 N. Pagliarulo, CRISPR therapy for sickle cell approved by FDA in gene editing milestone, BioPharma Dive, Dezember 2023 (Link)
7 H. Cario, Beta (ß)-Thalassämie, kinderblutkrankheiten.de, Stand Juni 2023 (Link)

Therapie mit CRISPR/Cas9

Die CRISPR-Therapie Casgevy behandelt die Sichelzellkrankheit und ß-Thalassämie
Casgevy ist die weltweit erste zugelassene Therapie mit CRISPR/Cas9.

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Kurz und knapp

  • Sichelzellkrankheit und ß-Thalässamie beruhen auf einem Defekt in dem Blutfarbstoff Hämoglobin
  • die Therapie Casgevy (exagamglogene autotemcel, exa-cel) nutzt die Genschere CRISPR/Cas9, um eine fetale Version von Hämoglobin zu aktivieren
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  • Casgevy ist seit Februar 2024 in der EU zugelassen
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