Skysona – Gentherapie der zerebralen Adrenoleukodystrophie

Die Gentherapie Skysona bremst eine erbliche Stoffwechselerkrankung und schützt betroffene Kinder vor schweren Behinderungen.

Gentherapie stoppt CALD

Skysona behandelt die zerebrale Adrenoleukodystrophie

Die Adrenoleukodystrophie ist eine seltene Erbkrankheit, die schwere Behinderungen und einen frühen Tod verursachen kann. Der Defekt in einem Stoffwechselenzym führt zu Schäden in Nebennieren und Nervengeweben. Die Gentherapie Skysona behebt diesen Defekt, indem sie eine korrekte Kopie des Stoffwechselgens in das Erbgut von Blutstammzellen einbaut.

Die Gentherapie des US-Herstellers Bluebird Bio wurde im Juli 2021 in der Europäischen Union zugelassen, nach Differenzen über die Kostenübernahme zog Bluebird die Gentherapie jedoch vom europäischen Markt zurück. Im September 2022 wurde Skysona in den USA zugelassen.

Die Erkrankung – zerebrale Adrenoleukodystrophie

Die Adrenoleukodystrophie (ALD) ist eine erbliche Stoffwechselkrankheit, bei der langkettige Fettsäuren nicht abgebaut werden2. Sie tritt bei etwa 1 von 17 000 Neugeborenen auf. Die Erkrankung schädigt die Nebennieren, häufig auch das Gehirn und Rückenmark. Ursache ist eine Mutation in dem Gen ABCD1, das auf dem X-Chromosom liegt – die Symptome sind daher bei Jungen wesentlich schwerer als bei Mädchen.

Die Genmutation ruft bei Frauen meist eher milde Symptome hervor, die sich zudem nur bei der Hälfte der Betroffenen und erst im mittleren Lebensalter einstellen. Jungen hingegen erkranken fast immer und die Beschwerden zeigen sich bereits in der frühen Kindheit. Bei etwa 1 von 3 betroffenen Jungen entwickelt sich eine schwere Entzündung im Gehirn, die zerebrale Form der ALD (CALD). Der Zustand der Betroffenen verschlechtert sich rasch, ohne Behandlung kommt es nach wenigen Jahren zu Erblindung, Taubheit und Lähmungen. Viele Jungen versterben an der CALD.

Der Nutzen – keine weiteren Nervenschädigungen

Die Wirksamkeit von Skysona ist bislang nur durch eine kleinere Studie mit 30 Kindern belegt3. Alle Teilnehmer waren Jungen in einem Alter von vier bis 14 Jahren und litten an früher CALD. Zwei Jahre nach der Gentherapie zeigten sich deutliche Erfolge: 9 von 10 behandelten Kindern wiesen keine größeren Nervenschäden auf – sie konnten normal sprechen, uneingeschränkt sehen und benötigten keinen Rollstuhl oder andere Hilfen. Ohne Behandlung bleiben in der Regel nur 3 von 10 betroffenen Kindern ohne größere Einschränkungen. Erste Erkenntnisse deuten an, dass die Wirksamkeit von Skysona mindestens acht Jahre anhalten kann.

Insgesamt scheint Skysona eine ähnliche Wirkung zu haben wie die allogene Stammzelltransplantation, die Risiken einer Gentherapie sind allerdings deutlich geringer. Den optimalen Nutzen entfaltet Skysona in sehr frühen Krankheitsstadien. In der EU untersuchen jedoch nur die Niederlande regelmäßig Neugeborene auf die CALD4.

Das Wirkprinzip – Genfähren verändern Blutstammzellen

Die Gentherapie Skysona (elivaldogen autotemcel) transportiert eine korrekte Kopie des Gens ABCD1 in körpereigene Blutstammzellen5. Die Zellen stammen aus dem Blut oder Knochenmark des Patienten. Im Labor schleust eine lentivirale Genfähre das korrekte Gen in die Stammzellen ein. Die Stammzellen werden im Labor vermehrt und schließlich über eine Vene dem Patienten zurückgegeben.

Die Transplantation wird mit einer Konditionierung vorbereitet: Eine Chemotherapie entfernt das alte Knochenmark des Patienten und schafft Platz für die veränderten Stammzellen. Die veränderten Stammzellen wandern selbständig in das Knochenmark und erzeugen weiße Blutzellen. Diese breiten sich im ganzen Körper aus, setzen das fehlende Stoffwechselenzym in die Gewebe frei und ermöglichen den Abbau der überschüssigen Fettsäuren.

Die Alternativen – Stammzelltransplantation und Lorenzos Öl

Die Transplantation von körperfremden Blutstammzellen kann das Fortschreiten der Erkrankung verzögern oder ganz aufhalten. Die Wirkung tritt jedoch erst mit einigen Monaten Verzögerung ein, zudem können bereits erfolgte Schädigungen nicht rückgängig gemacht werden. Die Stammzelltransplantation erfolgt daher so früh wie möglich. Allerdings ist der Eingriff mit hohen Risiken verbunden, etwa 1 von 10 Patienten verstirbt an den Folgen.

Gut behandelbar ist ein Hormonmangel, der auf die Schädigung der Nebennieren zurückgeht. Medikamente können weitere Symptome der Erkrankung lindern, Gymnastik und Ergotherapie die Muskulatur lockern. Eine gewisse Linderung verschafft vermutlich auch eine fettarme Diät in Kombination mit „Lorenzos Öl“, einer besonderen Mischung von Fettsäuren.

Die Nebenwirkungen – Mangel an Blutzellen

Die häufigste Nebenwirkung von Skysona ist ein Mangel an allen Arten von Blutzellen: rote Blutkörperchen, weiße Immunzellen und Blutplättchen. Diese Panzytopenie tritt bei mehr als 1 von 10 Behandelten auf.

Die Entwicklung – von der US-Firma Bluebird Bio

Skysona wurde von der US-Firma Bluebird Bio entwickelt. Die Firma hatte bereits 2019 die Gentherapie Zynteglo für die Behandlung der ß-Thalassämie auf den Markt gebracht.

Die Kosten – 3 Millionen US$ in den USA

Die Kosten für eine Behandlung mit Skysona in den USA soll etwa drei Millionen US$ betragen6.

1 N. Pagliarulo, Bluebird, winding down in Europe, withdraws another rare disease gene therapy, BioPharmaDive, Oktober 2021 (Link)
2 Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Adrenoleukodystrophie – was ist das?, Patienteninformation, September 2018 (Link)
alle Referenzen anzeigen 3 Europäische Arzneimittelagentur (EMA), Skysona (autologe CD34+-Zellen, die das ABCD1-Gen kodieren), EMA/294053/2021, Juli 2021 (Link)
4 Bluebird Bio, bluebird bio Receives Positive CHMP Opinion for SKYSONA™ (elivaldogene autotemcel, Lenti-D™) Gene Therapy for Patients Less Than 18 Years of Age with Early Cerebral Adrenoleukodystrophy (CALD), Pressemitteilung, Mai 2021 (Link)
5 K. Gräfe, Skysona: Erste Gentherapie bei seltener neurologischer Erkrankung, Pharmazeutische Zeitung, Mai 2021 (Link)
6 N. Pagliarulo, Bluebird wins FDA approval of gene therapy for rare brain disorder, BioPharma Dive, September 2022 (Link)

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Kurz und knapp

  • Skysona verhindert das Fortschreiten der zerebralen Adrenoleukodystrophie (CALD)
  • eine lentivirale Genfähre schleust ein korrektes Stoffwechselenzym in Blutstammzellen ein
  • zwei Jahre nach der Therapie blieben 9 von 10 behandelten Kinder frei von größeren Einschränkungen
  • als häufigste Nebenwirkung tritt ein Mangel an Blutzellen auf
  • da die Kassen die geforderten Kosten nicht übernehmen, zog der Hersteller die Therapie aus der EU zurück
  • Skysona ist jedoch in den USA zugelassen und kostet dort 3 Millionen US$
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