Tecartus: CAR-T-Zelltherapie bei Mantelzell-Lymphom
Die Gentherapie Tecartus ist speziell auf die Behandlung von hartnäckigen Mantelzell-Lymphomen zugeschnitten. In einer ersten Studie verlängerten sie die Lebensdauer einiger Patienten um zwei Jahre oder mehr.
Tecartus
Mantelzell-Lymphome entstehen in den Lymphdrüsen, breiten sich aber auch mit schnell wachsenden Krebszellen im Blutstrom aus. Dies stellt besondere Herausforderungen an CAR-T-Zelltherapien, die aus den Blutzellen der Patienten hergestellt werden.
Tecartus ist eine Variante der bereits zugelassenen Therapie Yescarta, die einen aufwendigen Reinigungsprozess durchläuft und besser für die Therapie mancher B-Zelllymphome geeignet ist. Seit Juli 2020 ist Tecartus in den USA zugelassen1, eine Zulassung für die Europäische Union könnte bis Ende 2020 erfolgen2.
Die Krankheit – Mantelzell-Lymphom
In Deutschland erkranken jährlich etwa 1000 Menschen neu am Mantelzell-Lymphom, einer Variante der Non-Hodgkin-Lymphome3. Die Erkrankung schreitet bei ungefähr 80 Prozent der Patienten sehr rasch voran und muss schnell behandelt werden. Meist erkranken Menschen in einem höheren Alter (im Mittel etwa 65 Jahre), Männer trifft es etwa viermal häufiger als Frauen.
Eine vollständige Heilung ist eher selten und am ehesten durch eine riskante Stammzelltransplantation zu erreichen. Medikamente können das Voranschreiten der Erkrankung mehrere Jahre lang verhindern, aber falls sie nicht anschlagen oder der Patient rückfällig wird, sind die Überlebensaussichten gering.
Der Nutzen – deutlich verlängerte Lebenserwartung
Die bisherigen Erfahrungen mit Tecartus beschränken sich auf eine klinische Studie mit etwa 70 Patienten, die Ergebnisse sind daher nur eingeschränkt aussagekräftig. Behandelt wurden nur Patienten mit sehr aggressiven Mantelzell-Lymphomen, die durch andere Therapieformen nicht kontrolliert werden konnten2. Die Überlebenserwartung beträgt in diesen Fällen meist weniger als ein Jahr.
Vor diesem Hintergrund hat Tecartus begrenzte Erfolge erzielt. Fast neun von zehn Patienten haben auf die Behandlung reagiert, bei etwa sechs von zehn Patienten wurde das Lymphom zumindest innerhalb der ersten sechs Monate vollständig zurückgedrängt. Bei knapp der Hälfte der Patienten, die mindestens zwei Jahre überlebt haben, waren weiterhin keine Spuren der Erkrankung zu finden4.
Die Therapie – Immunzellen erkennen einen Krebsmarker
Tecartus (Brexucabtagen autoleucel) wird aus körpereigenen Zellen des Patienten hergestellt. Diese T-Zellen des Immunsystems werden im Labor mit einem künstlichen Rezeptor (CAR) ausgestattet, der den Krebsmarker CD19 erkennt. Nach etwa zwei Wochen werden die CAR-T-Zellen zurück in den Körper transplantiert und beginnen mit der Bekämpfung von Krebs.
Der Hersteller von Tecartus, die US-Firma Gilead, ist bereits seit 2017 mit der CAR-T-Zelltherapie Yescarta auf dem US-amerikanischen Markt vertreten. Tecartus und Gilead ähneln sich stark, die Unterschiede liegen vor allem im Herstellungsprozess: Die T-Zellen der Patienten werden bei Tecartus deutlich sorgfältiger aufgereinigt, um gefährliche Krebszellen sicher zu entfernen.
Die Nebenwirkungen – Zytokinsturm und Neurotoxizität
Wie alle CAR-T-Zelltherapien hat Tecartus schwere, manchmal sogar lebensgefährliche Nebenwirkungen. In einer ersten klinischen Studie litten neun von zehn Patienten unter einem Zytokinsturm, einer gefährlichen Entzündungsreaktion, die den ganzen Körper erfasst. Bei etwa zwei von zehn Patienten erreichte der Zytokinsturm lebensbedrohliche Ausmaße, ein Patient (von etwa 70) ist an den Folgen gestorben.
Bei etwa der Hälfte der Patienten war auch die Funktion des Gehirns beeinträchtigt, es kam zu Kopfschmerzen, Zittern, Wortfindungsstörungen und seltener sogar zum Delirium.
Zahlreiche weiter Nebenwirkungen könnten auftreten, die viele Körperfunktionen und Organe beeinträchtigen.
Die Kosten – in den USA 373 000 $
Der Kosten für eine einmalige Behandlung mit Tecartus wird für die USA mit 373 000 $ angegeben4 – der gleiche Preis wie für Yescarta.
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2 Pressemitteilung Gilead, European CHMP Adopts Positive Opinion for Kite’s KTE-X19 for the Treatment of Relapsed or Refractory Mantle Cell Lymphoma, Oktober 2020 (Link)
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Kurz und knapp
- Tecartus ist eine CAR-T-Zelltherapie bei Mantelzell-Lymphomen
- Tecartus ähnelt der Gentherapie Yescarta, wird aber unterschiedlich hergestellt
- erste Studien deuten an, dass bei hartnäckigen Lymphomen die Überlebensdauer verlängert werden kann
- sehr häufige Nebenwirkungen sind der Zytokinsturm und Neurotoxizität
- in den USA ist Tecartus seit Juli 2020 zugelassen, in Europa steht die Entscheidung noch aus