Yervoy: Checkpoint-Inhibitor gegen Melanome und andere Krebsarten
Die Krebstherapie Yervoy aktiviert das Immunsystem und verlängert die Überlebenszeit bei fortgeschrittenen Tumoren. Etwa einer von fünf Patienten hat die Chance auf ein langjähriges Überleben.
Checkpoint-Inhibitoren mobilisieren das Immunsystem für den Kampf gegen Krebs. Der erste zugelassene Wirkstoff dieser Klasse ist der Antikörper Ipilimumab (Handelsname Yervoy), der seit Juli 2011 in Europa für die Therapie von malignen Melanomen zugelassen ist.
Bei aggressiven Tumoren in Haut, Niere, Lunge, Darm und Speiseröhre kann Yervoy die Überlebenszeit deutlich verlängern, allerdings profitiert nur ein Teil der Erkrankten von der Therapie. Zudem kann Yervoy schwere Nebenwirkungen auslösen.
Inhalte
Die Erkrankungen – Melanome und fünf weitere Krebsarten
Das maligne Melanom , auch schwarzer Hautkrebs genannt, gehört zu den gefährlichsten Krebsarten. In Deutschland erkranken jährlich etwa 25 000 Menschen, über 3000 sterben an den Folgen1. Werden Melanome früh erkannt, bestehen gute Aussichten auf Heilung. In späteren Stadien bilden sich jedoch häufig aggressive Metastasen, die kaum zu beherrschen sind.
Yervoy wird vor allem in fortgeschrittenen Stadien des schwarzen Hautkrebses eingesetzt, wenn das Melanom nicht mehr operabel ist oder bereits Metastasen gebildet hat. Die Behandlung ist bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren möglich.
Bei Erwachsenen dürfen fünf weitere Krebsarten mit Yervoy behandelt werden2:
- fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom
- nicht kleinzelliger Lungenkrebs (NSCLC) mit Metastasen
- Tumore im Lungenfell (Pleuramesotheliom)
- Tumore im unteren Darmabschnitt, die eine „hohe Mikrosatelliteninstabilität“ (MSI-H) oder einen „Defekt in der Mismatch-Reparatur“ (dMMR) aufweisen
- fortgeschrittene Tumore in der Speiseröhre (Ösophagus-Plattenepithelkarzinom)
Der Nutzen – Überlebenszeit um mehrere Monate verlängert
Die meisten Erfahrungen zum Nutzen von Yervoy bestehen bei der Behandlung von malignen Melanomen (schwarzer Hautkrebs). In der Regel wird es in Kombination mit mit dem Checkpoint-Hemmer Opdivo eingesetzt, kann aber auch einzeln verabreicht werden.
Eine Studie untersuchte 945 Erwachsene, die unter einem fortgeschrittenem Melanom litten. Eine Behandlung mit Yervoy und Opdivo konnte das Fortschreiten der Erkrankung für knapp 12 Monate aufhalten. Yervoy alleine konnte das Krebswachstum nur für etwa 3 Monate aufhalten. Einige weitere Studien führten zu ähnlichen Ergebnissen2.
Auch bei Tumoren in Niere, Lunge, Darm und Speiseröhre kann Yervoy (oft in Kombination mit Opdivo) die Überlebenszeit um mehrere Monate verlängern2.
Das Wirkprinzip – Hemmung des Signalmoleküls CTLA-4
Yervoy hemmt die Funktion eines Signalmoleküls mit Namen CTLA-4, das die Aktivität von Immunzellen steuert. Krebszellen nutzen CTLA-4, um das Immunsystem auszubremsen und sich vor Angriffen zu schützen. Der Einsatz von Yervoy löst diese Bremse und eröffnet den Kampf gegen Krebs.
Die Nebenwirkungen – schwere Belastung für Magen und Darm
Die Aufgabe von Yervoy ist es, das Immunsystem zu aktivieren. Dabei kann es zu Überreaktionen kommen, die fast jedes Körperorgan im Mitleidenschaft ziehen. Sehr häufig trifft es den Magen-Darm-Trakt mit Durchfall, Erbrechen, Kolitis und Übelkeit. Zu den weiteren häufigen Nebenwirkungen gehören Hautausschläge, Leberschäden, Schwindel, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Appetitlosigkeit.
Einer von 7 Patienten muss mit schweren Nebenwirkungen rechnen. Bei 6 von 100 Patienten sind die Nebenwirkungen so stark, dass die Behandlung abgebrochen werden muss. Bei 1 bis 2 von 100 Patienten kann die Behandlung tödliche Komplikationen auslösen.
Die Entwicklung – ein Immunmolekül als Startpunkt
Einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung von Ipilimumab trägt der US-Forscher James Allison3. Er gehörte zu den ersten Wissenschaftlern, die sich mit dem Immunmolekül CTLA-4 beschäftigten, und erkannte rasch dessen Bedeutung für die Krebsmedizin. Die ersten Studien mit Menschen begannen etwa um das Jahr 2000 herum.
Seit Juli 2011 ist Ipilimumab unter dem Handelsnamen Yervoy in der Europäischen Union zugelassen. Hersteller ist der US-amerikanische Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb.
Die Kosten – etwa 74 000 Euro pro Jahr
Yervoy wird als Infusion direkt in die Blutbahn gegeben, die Infusionen erfolgen in einem Abstand von zwei oder vier Wochen. Die Menge ist dabei abhängig vom Körpergewicht und der Art der Therapie. So fallen z.B. bei der Behandlung von Melanomen in Kombination mit Opdivo jährliche Kosten von etwa 74 000 Euro an4.
2 European Medicines Agency (EMA), Übersicht über Yervoy und warum es in der EU zugelassen ist, Stand Mai 2023 (Link)
alle Referenzen anzeigen
3 J. Gardner, A decade of cancer immunotherapy: Keytruda, Opdivo and the drugs that changed oncology, Biopharma Dive, September 2024 (Link)4 Gemeinsamer Bundesausschuss, Ipilimumab neues Anwendungsgebiet: fortgeschrittene Melanome bei Erwachsenen; in Kombination mit Nivolumab, Beschlüsse über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln, Dezember 2018 (Link)
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Kurz und knapp
- Krebszellen nutzen das Immunmolekül CTLA-4, um sich vor dem Immunsystem zu schützen
- der Antikörper Ipilimumab ist ein Checkpoint-Inhibitor (Checkpoint-Hemmer), der die Blockade des Immunsystems über CTLA-4 aufhebt
- Ipilimumab kam 2011 unter dem Handelsnamen Yervoy auf den deutschen Markt
- Yervoy kann die Überlebensrate von Hautkrebs-Patienten etwa verdoppeln
- Yervoy hat schwere Nebenwirkungen, die sehr häufig den Magen-Darm-Trakt betreffen
- die jährlichen Kosten von Yervoy betragen ungefähr 74 000 Euro